Questo articolo è disponibile anche in: Italienisch Deutsch

Frage

Lieber Pater Angelo, 

ich grüße Sie ganz herzlich und versichere Ihnen mein Gebet und meinen Dank für Ihre Webseite, auf der Sie klare, ausführliche und sehr hilfreiche Antworten geben.  

Ich hätte gern ein paar Erklärungen zum Thema Fasten, insbesondere jetzt, wo wir die Fastenzeit beginnen. Geradeheraus frage ich Sie: “wozu dient das Fasten”? , “was ist der wirkliche Sinn des christlichen Fastens?”.  Es hilft bestimmt unsere Leidenschaften zu kontrollieren und den Willen zu stärken… aber stimmt es, dass wir uns dadurch auch den anderen öffnen? Was ist die „Brücke“ zwischen dem Fasten und der Liebe zu Gott und den anderen? Wissen Sie, es fällt mir schwer, den Gläubigen etwas zu predigen, wovon ich selbst nicht vollkommen überzeugt bin, dessen Bedeutung ich daher besser verstehen möchte.

Vielen Dank, ich gedenke Ihrer in der heiligen Messe.

P. Fabrizio


Antwort des Priesters

Lieber P. Fabrizio,

1.  um die Bedeutung des christlichen Fastens zu verstehen, müssen wir uns auf die Heilige Schrift beziehen. 

Auch in anderen Religionen wird gefastet, aber das christliche Fasten hat eine ganz andere Bedeutung.  

2. Im Alten Testament haben wir verschiedene Zeugnisse. 

Moses  “blieb dort beim Herrn  40 Tage und vierzig Nächte. Er aß kein Brot und trank kein Wasser.” (2. Mose  34,28). Er fastete, um sich auf den Empfang des Gesetzes vorzubereiten.  

Auch Daniel fastet für eine gewisse Zeit vor den nächtlichen Offenbarungen (Dan 9,3; 10,2).

3. Diese Bedeutung bleibt heutzutage noch bestehen.  

Ich kann Ihnen sagen, dass der Hl. Thomas, bevor er schwierige Passagen der Heiligen Schrift kommentierte, betete und fastete, um Gott um deren Bedeutung  zu bitten.

Mit Sicherheit verstärkt das Fasten unser Gebet. 

4. Im Alten Testament wird das Fasten auch praktiziert, um sich vor Gott zu demütigen, um von Leiden und Sorgen befreit zu werden, (2, Sam 12,16), damit Unheil abgewendet wird und um von Gott erhört zu werden.

Dem Fasten wurde ein verdienstvoller Wert beigemessen. In der apokryphen Apokalypse des Elia wird der durch das Fasten erworbene Verdienst gepriesen: „Er vergibt Sünden und heilt Krankheiten, treibt Geister aus und hat Macht bis zum Thron Gottes“ (22 ff.).

Einige fasteten jedoch, ohne ihr Verhalten zu ändern und stellten das Fasten zur Schau. Gegen sie reagieren die Propheten hart. Was Gott am liebsten ist, ist die Kasteiung der Seele (Jes. 58,5),  der Dienst an den Armen und Bedürftigen.

5. Im Neuen Testament überwiegt vor allem das Fasten Jesu. Aber Sein Fasten hat eine andere Bedeutung.

Während Moses fastet, um sich auf den Empfang der göttlichen Offenbarung vorzubereiten, hat Jesus sie bereits empfangen, oder besser gesagt, Er selbst ist die Offenbarung.  

Nach Ansicht des Hl. Thomas fastet Jesus, um zu verdienen, dass die Hӧrer Seines Wortes die Kraft erhalten, Ihm ihre Herzen zu ӧffnen.  

Zu diesen gehören auch wir.

6. Jesus empfiehlt es auch Seinen Jüngern.  (Mt 6,16).

Er sagt, wenn ihnen der Bräutigam weggenommen wird, werden sie fasten. Es dient daher dazu, Hingabe und Inbrunst wiederzubeleben.

7. Auch in der Apostelgeschichte kommt die Praktik des Fastens vor (13,2; 14,23). Paul begnügt sich nicht damit, unter Hunger und Durst zu leiden, wenn die Umstände es erfordern, sondern fügt wiederholtes Fasten hinzu (2 Kor 6,5; 11,27).  Jesus hatte erklärt, dass die Wirksamkeit bestimmter apostolischer Handlungen von Gebet und Fasten abhängt (Mt. 17,21).

8. Die Kirche fordert das Fasten zur Sühne und inneren Reinigung.

In der Praefatio IV der Fastenzeit lesen wir: “Durch das Fasten in der Fastenzeit lässt Du uns unsere Leidenschaften überwinden, erweckst unseren Geist, vermittelst uns Kraft und gibst uns die Belohnung”.

9. Der Hl. Thomas (Summa theologiae, II-II, 147,1) fasst die verschiedenen Bedeutungen des Fastens zusammen und schreibt, dass es hauptsächlich aus drei Gründen praktiziert wird:

Erstens, um die Begierden des Fleisches niederzudrücken. Der Hl. Hieronymus schreibt, „ohne Ceres und Bacchus bleibt die Venus kalt“ (Contra Jovin., 2), d.h. durch das Enthalten von Speise und Trank wird matt die Wollust.

Zweitens, es trägt dazu bei, dass der Geist sich zu göttlichen Dingen erhebe, so  als würde man sich mehr nach diesen als nach den materiellen Dingen sehnen.

Drittens, es dient zur Buße für die Sünden.

Die Bekehrung ist nicht nur eine innere Tatsache, sondern betrifft den ganzen Menschen, einschließlich der Körperlichkeit, wie es in Joel 2 heißt: „Bekehret euch zu mir in eurem ganzen Herzen, in Fasten, Weinen und Wehklagen“ (2,12)“.

Die Liturgie der Kirche fügt, wie wir gesehen haben, eine weitere Motivation hinzu: Kraft geben und Belohnung schenken. Diese Motivation zeigt sich am deutlichsten im Fasten, das Jesus praktizierte. Er hatte es weder nötig, Ordnung in die Leidenschaften zu bringen, noch besondere Offenbarungen zu empfangen, sondern Er fastet, um die Sünden der Menschheit zu sühnen, deren Herr und Retter Er ist, und auch um die Kraft zu erlangen, ihre Seelen für diejenigen zu öffnen, die selbst bald begonnen hätten, seiner Predigt zuzuhören.

10. Man könnte sagen, dass das Fasten durch die Loslösung von sich selbst indirekt die Voraussetzungen dafür schafft, sich mehr anderen zu öffnen.

Außerdem wird durch das Fasten manchmal das Gebet zugunsten unseres Nächsten direkt verstärkt, und wirkt an der Sühne und Bekehrung mit.

Meine Antwort kommt sicherlich sehr spät. Ich hoffe, dass es Ihnen für die nächste Fastenzeit oder auf jeden Fall für Ihr persönliches Leben und für die Ihnen anvertrauten Seelen nützlich sein wird.

Gern erwidere ich die Erinnerung in der Heiligen Messe und entbiete Ihnen meine besten Wünsche für einen fruchtbaren Dienst.

Pater Angelo