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Frage
Lieber Pater Angelo,
ich hatte Ihnen schon einmal geschrieben (nochmals danke für Ihre Antwort), aber ich bin immer noch voller Zweifel, was den Glauben betrifft.
Zunächst, zum besseren Verständnis, eine kurze Vorbemerkung: wie viele andere Jugendliche, habe auch ich nach der Konfirmation aufgehӧrt, in die Kirche zu gehen. Mit 24 habe ich beruflich eine Schiffsreise angetreten und in der Zeit das Neue Testament gekauft, das ich dann begeistert gelesen habe. Als ich nach 7 Monaten wieder zurück nach Hause gekommen war, wollte ich mit meinen Freunden diese Begeisterung teilen, aber ich wurde nur getadelt. Ein Freund von mir, früher Gläubiger, hatte inzwischen vollkommen andere Vorstellungen vom Glauben.
So habe ich mir bei einem Ordensbruder Rat eingeholt… (ich wohne ganz in der Nähe des Ordens). Mir wurde gesagt, um meinen Freund bräuchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn wenn eine Person ein rechtschaffenes Leben führt, wäre das genug, auch wenn er kein regelmäßiger Kirchgänger ist.
Also frage ich mich, wenn die Dinge so stehen, sind wir doch alle heil, außer Mörder und niederträchtige Menschen! Warum hat Jesus sich dann für uns alle aufgeopfert?
In diesem Zusammenhang frage ich mich auch, warum Gott, der gesagt hat, “Barmherzigkeit will ich, keine Opfer”, das Opfer Jesu braucht, um sich mit den Menschen zu versöhnen?
Letztendlich ist es meinen Freunden also gelungen, solche Zweifel in mir einzuflößen (oder jene, die ich schon hatte, zu vergrӧßern), dass ich mich mittlerweile fast für einen Agnostiker halte, obwohl mein Blick weiterhin auf Jesus gerichtet bleibt.
Eine Zeit lang frequentierte ich die archeosophische Gesellschaft, wo von Reinkarnation, außerkörperlichen Erfahrungen, Astralreisen usw.gesprochen wird. Darüber hinaus muss ich sagen, dass mir die Reinkarnation glaubwürdiger erscheint, denn nach einem oft so flüchtigen Leben (man bedenke vor allem jene, die ganz jung sterben), erscheint es mir übertrieben, dass uns ein ewiges Schicksal der Gnade oder der endgültigen Entfernung von Gott erwartet. Durch Übung, Meditation und Fleiß, so wurde mir vorgemacht, würde ich imstande sein, mich abzuspalten und andere Wahrnehmungsebenen erleben. Aber abgesehen von ein paar Büchern, die ich gelesen habe, über Erfahrungen mit regressiver Hypnose, habe ich diese Praktiken, auch aus Zeitmangel, nicht mehr ausprobiert und seit Jahren habe ich nichts mehr damit zu tun.
Nachdem mich die Lehre von Jesus schon immer fasziniert hatte, beschloss ich im Alter von 40 Jahren, ein christliches, durch Gebet geprägtes Leben zu beginnen und meine Lebensweise zu ändern. Aber mich befallen zahlreiche Zweifel, auch darüber, ob mein Glaube authentisch ist oder nicht (übrigens lesen wir in Matthäus 28-17, dass auch einige Jünger nach der Auferstehung Jesu Zweifel hatten, was mich ebenso ratlos lässt). Wie dem auch sei, je mehr ich schreibe, desto mehr Fragen kommen in mir auf. Aber da ich nicht übermäßig von Ihrer Zeit profitieren möchte, nur noch ein Paar Dinge:
Nach mehr als 25 Jahren bin ich wieder Beichten gegangen und der Ordensbruder (der Prior) hat mich nur eine einzige Sünde bekennen lassen, jene die ich als am schwerwiegendsten empfand, und dann hat er mich freigesprochen. Ich frage mich aber, ob das in Ordnung ist, weil ja die für mich schwerste Sünde, es nicht unbedingt auch für Gott ist.
Des Weiteren habe ich in einer Ihrer Antworten gelesen, dass Sie davon abraten, das Gebet von Papst Leo XIII. an den Erzengel Michael zu beten. Ich bete es immer nach dem Rosenkranz. Soll ich damit aufhӧren?
Da ich einen harten Job habe (ich bin Fischer) wurde mir geraten, mein Leid Gott aufzuopfern, aber das kommt mir heuchlerisch vor, weil ich ja ein Gehalt dafür bekomme. Was meinen Sie?
Ab und zu würde ich gern einen Fastentag einlegen. Ist Wasser trinken erlaubt?
Entschuldigen Sie bitte, wenn sich die E-Mail mit meinen vielen Fragen etwas in die Länge gezogen hat, aber ich brauche mehr Klarheit, um weiterzukommen. Wie letztes Mal hätte ich lieber, wenn Sie mir privat antworten, aber wenn Sie möchten, können Sie die Antwort auch veröffentlichen.
Nochmals vielen Dank, ich werde Ihrer im Gebet gedenken und möge Gott Sie segnen.
Luigi
Antwort des Priesters
Lieber Luigi,
du hast viele Fragen gestellt und ich werde versuchen, sie der Reihenfolge nach kurz zu beantworten.
1. Was der Prior dir damals gesagt hat, ist nicht ganz wahr, denn um gerechte Menschen zu sein, reicht es nicht, nur das fünfte und siebte Gebot zu beachten (du sollst nicht tӧten und du sollst nicht stehlen), sondern alle Gebote.
Wenn wir aufhören zu beten, hören wir auf, unser Leben auf das Ziel auszurichten, für das wir geschaffen wurden, und auch wenn wir nicht töten oder stehlen, wird unser Leben leicht zur Sklaverei der Sünde, insbesondere der Unreinheit, die uns Gott gewiss nicht näher bringt, sondern im Gegenteil, uns immer mehr von Ihm entfernt.
2. Gott hat gesagt “Barmherzigkeit will ich, keine Opfer”.
Damit sind die Opfer der Juden gemeint, bei denen Gott Tiere geopfert wurden, während sie die Armen weiterhin unterdrückten.
Gott forderte daher das wahre Opfer: das der Barmherzigkeit, Aufmerksamkeit und Liebe zu allen, ohne jemanden zu vernachlässigen.
Ansonsten waren Ihm Opfer ein Gräuel.
3. Gewiss, Gott, der Vater wäre nicht auf das Opfer Christi angewiesen gewesen, um uns mit Ihm zu versӧhnen.
Aber Er wollte nicht nur, dass sich unsere Sünden mit dem Blut Christi bedecken, wie wenn man ein Auge zudrückt, sondern dass wir auch vollständig gesühnt werden und, in Gemeinschaft mit Ihm, Der dreimalig Heilig ist, selbst zu Heiligen werden kӧnnen.
4. Deine Idee, die archeosophischen Gesellschaft zu frequentieren, wo von Reinkarnation, Erfahrungen außerhalb des Kӧrpers, Astralreisen usw die Rede ist, und gleichzeitig auf Christus, dem menschgewordenen Gott, der die Wahrheit ist, zu verzichten, war kein gutes Geschäft (um es milde auszudrücken).
“In Ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen” (Kol. 2,3).
Gibt es etwa Jemanden, der mehr weiß als Gott?
Die Klage Gottes erneuert sich: “Denn mein Volk hat doppeltes Unrecht verübt: Mich hat es verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten” (Jer. 2,13).
5. Einige Jünger hatten nach der Auferstehung Zweifel, weil sie noch nicht verstanden hatten, zu welchem Leben der Herr auferstanden war.
Sie dachten, Er sei zu seinem vorherigen Leben auferstanden. Und so wunderten sie sich, warum sie Ihn nicht sehen konnten und wie zuvor immer bei Ihm sein.
Sie hatten nicht verstanden, dass Jesus durch die Auferstehung nicht zurückgekehrt war (wie Lazarus), sondern zu einem Leben übergegangen war, in dem es keinen Tod mehr gibt.
6. Der Ordensbruder … ( Prior), der dich nur die schwerste Sünde hat sagen lassen, hat sich nicht gut benommen (selbst hier, um es milde auszudrücken, denn es handelt sich um eine sehr ernsthafte Angelegenheit!)
Abgesehen davon, dass der Priester bei der Beichte auch die Aufgabe hat, darüber aufzuklären, welche Sünden mehr oder weniger schwerwiegend sind (und das hast du schneller verstanden als der Prior!), sei daran erinnert, dass das Sakrament der Beichte das Sakrament der christlichen Heilung ist.
Wenn wir zum Arzt gehen, reicht es nicht aus, nur das schwerste Symptom zu nennen, sondern es ist wichtig, alles detailliert zu schildern. Andernfalls kann er uns nicht so zu Hilfe kommen, wie er sollte.
Daher ist es erforderlich, bei der Beichte alle schweren Sünden zu bekennen, an die man sich nach der vorherigen Beichte erinnert.
Du hast dich an die Worte des Priors gehalten und bist deswegen entschuldigt. Die dir erteilte Absolution ist gültig. Weil aber das Sündenbekenntnis zum gӧttlichen Recht gehört, hat der Priester nicht die Befugnis, es beliebig einzuschränken.
Du musst also eventuelle schwere Sünden, die du nicht angeklagt hast, bei der nächsten Beichte erneut dem Beichtvater bekennen und ihm das Geschehnis erklären.
7. Was das Gebet von Papst Leo. XIII an den Erzengel Michael anbelangt, das du immer nach dem Rosenkranz betest, habe ich nie davon abgeraten. Mach also damit weiter. Du tust bestimmt etwas Gutes.
Wovon ich abrate ist die Rezitation des Exorzismus von Papst Leo. XIII, was etwas ganz anderes ist.
8. Was das Fasten angeht, musst du dich an die Regeln der Kirche halten und diese nicht überschreiten, ohne dir den Rat des Beichtvaters einzuholen.
Du wirst merken, wie weise die Kirche in ihrer Gesetzgebung ist.
9. Es wurde dir geraten, dein Leid Gott aufzuopfern, und das scheint dir heuchlerisch, weil du es des Gehalts wegen erträgst, für das du arbeitest.
Ich finde, das ist richtig. Aber immer wenn dir nach Jammern zumute ist… nun, da wirst du dich zusammenreißen und dem Herrn alle Müdigkeit und Enttäuschungen darbringen, ohne dich zu beklagen.
Damit heiligst du dich auch an der Arbeit.
Ich wünsche dir alles Gute, schließe dich in mein Gebet ein und segne dich.
Pater Angelo