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Frage
Sehr geehrter Pater Angelo,
wenn Sie erlauben, möchte ich Ihre kostbare Hilfe in Anspruch nehmen, um Antwort auf eine Frage zu erhalten, die mich schon länger beschäftigt.
Im Evangelium sagte Jesus mehrmals zu den kranken und reuigen Sündern: “Geh hin, dein Glaube hat dich gerettet”. Der Glaube an Jesus Christus, unseren einzigen Retter und Herrn, ist zweifellos der goldene Schlüssel, der die Tore des Himmels öffnet, und die erste theologische Tugend ist. Aber es ist ebenso wahr, dass der Glaube allein nicht ausreicht, um das ewige Heil zu erlangen, wie die Tatsache zeigt, dass Jesus selbst zu Schwester Faustina Kowalska gesagt hat, der stärkste Glaube sei ohne Werke der Nächstenliebe nichts wert.
Wie uns der Hl. Paulus erinnert, ist die Nächstenliebe die wichtigste theologische Tugend und selbst der Hl. Petrus schreibt, dass “die Liebe viele Sünden zudeckt”.
Meine Frage ist nun folgende: wenn tatsächlich die Nächstenliebe die wichtigste Tugend ist, warum hat dann Jesus im Evangelium gesagt: “Geh hin, dein Glaube hat dich gerettet” und nicht “Geh hin, deine Werke der Nächstenliebe haben dich gerettet?”
Angenommen, man müsste zwischen einem starken Glauben und großen Werken der Nächstenliebe wählen, was wäre vorzuziehen? Die Nächstenliebe oder der Glaube?
Ehrlich gesagt denke ich, dass die Liebe viel wichtiger ist, weil Gott Liebe ist! Im Paradies werden wir den Glauben nicht mehr brauchen, weil wir Gott sehen werden, und die Liebe wird über alles regieren! Was nützt es also, mit den Lippen zu beten, wenn Groll und Hass im Herzen herrschen? Was bringt es, pharisäerhaft die Gebote zu befolgen, wenn es keine Liebe gibt? Der wahre Glaube, der dem Allerhöchsten wohlgefällig ist, ist immer von der Liebe begleitet.
Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Aufmerksamkeit, bitte Sie um Ihren priesterlichen Segen und warte vertrauensvoll auf eine Rückmeldung von Ihnen.
Gelobt sei Jesus Christus!
Cristina
Antwort des Priesters
Liebe Cristina,
1. in den Evangelien schließt das Wort Glaube normalerweise Hoffnung und Nächstenliebe mit ein.
Die Unterscheidung und Aufzählung von Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe kommt bei dem Hl. Paulus vor.
Im Mittelalter werden diese drei Realitäten als theologische oder göttliche Tugenden bezeichnet.
Daher hat das Wort Glaube in den Evangelien eine viel breitere Bedeutung als das, was bei Paulus erscheint, wenn er die drei theologischen Tugenden zusammen aufzählt.
Wenn Jesus sagt „Geh hin, dein Glaube hat dich gerettet“, bezieht er sich nicht einfach auf die erste theologische Tugend, sondern auf die Antwort aller Menschen auf Gott und damit auch auf Hoffnung und Liebe.
2. Wie erwähnt, ist die eindeutige Aufzählung der drei theologischen Tugenden bei Paulus zu finden und so gut bezeugt, dass sie darauf hindeutet, dass in den ersten christlichen Gemeinden das christliche Leben als ein Leben des Glaubens, der Hoffnung und der Nächstenliebe dargestellt wurde.
Das zeigt sich zum Beispiel in der ältesten Schrift des Neuen Testaments, dem ersten Brief an die Thessalonicher, wo Paulus schreibt: “Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken, unablässig erinnern wir uns vor Gott, unserem Vater, an das Werk eures Glaubens, an die Mühe eurer Liebe, und an die Standhaftigkeit eurer Hoffnung auf Jesus Christus, unseren Herrn” (1. Thess 1,3).
Auch im ersten Korintherbrief wird das Leben der Christen als ein Leben des Glaubens, der Hoffnung und der Nächstenliebe verstanden: “Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am grӧßten unter ihnen ist die Liebe!” (1 Kor. 13,13).
In der Jerusalemer Bibel wird hier bemerkt: “Die Gruppe der drei theologischen Tugenden, die bei Paulus schon in 1 Thess 1,3 auftaucht und ihm vielleicht vorausgeht, kehrt in den Briefen oft wieder, mit unterschiedlicher Abwandlung der Reihenfolge”.
3. Die wichtigste der drei theologischen Tugenden ist sicherlich die Liebe, wie der heilige Paulus bekräftigt, wenn er schreibt: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe!” (1 Kor. 13,13).
Die Nächstenliebe bringt nämlich die persönliche Gegenwart Gottes in uns, gemäß dem, was der Hl. Johannes sagt: “Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.” (1 Joh. 4,16).
Während der Glaube allein, ohne Nächstenliebe, ein toter Glaube ist, wie der Hl. Jakobus sagt: “So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat” (Jak. 2,17).
Aus diesem Grund lehrt das Trienter Konzil: „Wenn dem Glauben nicht die Hoffnung und die Liebe folgen, verbindet er sich nicht vollkommen mit Christus, noch macht er lebendige Glieder seines Leibes. Daher heißt es, dass der Glaube ohne Werke tot (Jak 2,17) und müßig ist” (DS 1531).
4. Daher sind beide Tugenden für das Heil unentbehrlich: sowohl der Glaube als auch die Nächstenliebe.
Der Glaube ist unentbehrlich, denn nicht jeder Akt der Liebe ist Nächstenliebe, sondern nur der, der erleuchtet und aus Liebe zu Gott ausgeführt wird. Deshalb sagt der Hl. Paulus : “Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts” (1 Kor. 13,3).
Oft tun wir Gutes aus ganz anderen Gründen, aus Selbstliebe, des eigenen Ruhmes wegen.
Nächstenliebe hingegen wird von einem höheren Motiv bewegt.
Daher sagt der Hl. Augustinus: “Ich nenne Nächstenliebe jene Bewegung der Seele, die uns dazu bringt, Gott um Seiner selbst Willen zu lieben, und uns und unseren Nächsten Gottes wegen lieben lässt” (der Hl. Augustinus, De Doctrina christiana, III, 10, 16).
5. Aber noch wichtiger als der Glaube ist nach der Lehre des Herrn die Nächstenliebe: “Nicht jeder, der zu mir Herr, Herr, sagt, wird ins Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut” (Mt 7,21).
Und weiter: “Viele werden an jenen Tag zu mir sagen: Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten und haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und haben wir nicht in deinem Namen viele Machttaten gewirkt? Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Gesetzlosen! Jeder, der diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut. Und jeder, der diese meine Worte hört und nicht danach handelt, ist ein Tor, der sein Haus auf Sand baute…” (Mt 7,22-27).
Auch die vielen Gleichnisse sind vielsagend. Man denke nur an das der törichten Jungfrauen (Mt 25, 1-13), bei denen die praktische Neigung zum Betreten des Banketts im Allgemeinen mit der Liebe identifiziert wird, für die das Öl steht, während das Warten, das allen Jungfrauen gemeinsam ist, für den Glauben steht.
Auch das Gleichnis von den Talenten bezieht sich auf den Glauben, der wirksam oder unwirksam sein kann (Lk 12, 35-48): einige Diener sind wachsam und tüchtig und werden gelobt und belohnt; andere geben sich stattdessen dem Essen, Trinken und Betrinken hin und werden hart bestraft.
6. Zusammenfassend kann man sagen, man kann den Glauben haben aber trotzdem nicht in Gottes Gnade sein.
Aber man kann niemals Nächstenliebe haben, ohne in Gottes Gnade zu stehen.
Weil Nächstenliebe die persönliche Gegenwart Gottes in uns bringt.
Ich danke dir für die Frage, die uns zu den Besonderheiten des christlichen Lebens führt.
Ich versichere dir mein Gebet und gern segne ich dich.
Pater Angelo