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Frage
Lieber Pater Angelo,
ich verfolge immer Ihre Kolumne auf dem You-Tube-Kanal und finde den Dienst, den Sie leisten sehr nützlich, weil sie den Geist und das Herz berührt.
Ich möchte, dass Sie mir, die für mich am schwierigste, Seligpreisung erklären: „Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich“.
Ist damit die Gerechtigkeit post mortem gemeint oder die Gerechtigkeit, die Jesus nach seinem geheimnisvollen Willen bereits auf dieser Erde denjenigen gewährt, die an Ihn glauben?
Ich habe viel gelitten und viel gesucht… nicht auf rachsüchtiger Weise, bin aber nicht fündig geworden.
Der Geist möge mir durch Ihre Worte Frieden geben.
Ich danke Ihnen und vertraue mich Ihrem Gebet an.
Vittoria
Antwort des Priesters
Liebe Vittoria,
1. um diese Seligpreisung gut zu verstehen, muss man sich vor Augen halten, was in der Heiligen Schrift und auch im Evangelium mit Gerechtigkeit gemeint ist.
2. Gerechtigkeit wird in erster Linie als Moral- oder Kardinaltugend verstanden und besteht aus jener Geisteshaltung, durch die jeder bereit ist, jedem das Seine zu geben.
Aber wenn Jesus sagt: „Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben” (Mt 6,33) spricht Er von einer anderen Gerechtigkeit, der dem Reich Gottes eigenen.
Wenn man dann bedenkt, dass das Reich Gottes gleichbedeutend ist mit Jesus, bedeutet also Gerechtigkeit die Heiligkeit Seines Lebens.
3. So kommentiert der Bibelwissenschaftler Marco Sales diese Worte Jesu: „Jesus zeigt, worauf Christen ihre ganze Sorge richten müssen. Lass sie zuerst das Reich Gottes suchen, das heißt die Güter des Himmels, und Seine Gerechtigkeit, das heißt jene Heiligkeit des Lebens, mit der die Glieder dieses Reiches bekleidet werden müssen. Alles andere wird diesem Hauptteil als Zubehör folgen”.
4. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass im Alten Testament das Adjektiv heilig im vollen Sinne nur Gott zugeschrieben wurde.
Um also zu sagen, dass jemand ein aufrechter oder sogar heiliger Mensch war (wie man zu sagen pflegt), nannte man ihn einen gerechten Menschen.
In diesem Sinne lesen wir am Anfang des Neuen Testaments in Bezug auf den heiligen Josef: „weil er gerecht war“ (Mt 1,19), das heißt: weil er heilig war.
Auch von altem Simeone lesen wir “er war ein gerechter und frommer Mann” (Lk. 2,25), das heißt, heilig und gottergeben.
5. Denn Gottes Gerechtigkeit beschränkt sich nicht darauf, die Schwachen vor den Hochmütigen zu schützen, sondern es ist die Gerechtigkeit, die das Herz des Menschen gerecht, also heilig macht.
Es ist die höchste Form der Gerechtigkeit und die Frucht der Barmherzigkeit Gottes: “Jetzt aber ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten: die Gerechtigkeit Gottes durch Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied: Alle haben ja gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Umsonst werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.” (Rӧm 3,20 ss).
6. Genau das zeichnet auch das christliche Leben aus: Hunger und Durst nach Heiligkeit.
Die Jünger Jesu zeichnen sich durch eine Gerechtigkeit aus, die der der Schriftgelehrten und Pharisäer überlegen ist. Während sich diese in der vollkommenen Entsprechung von Schuld und Strafe (Gesetz der Vergeltung) äußerlich ausdrückte, so drückt sich die von Jesus gebrachte darin aus, das Herz des Menschen gerecht, also bekehrt und heilig machen zu wollen.
Es ist eine Gerechtigkeit, die sogar das Herz der Feinde berührt.
7. Dann verstehen wir die Verheißung, die Jesus denen gegeben hat, die nach Gerechtigkeit (Heiligkeit) hungern und dürsten: Sie werden satt werden.
Sie werden bereits im jetzigen Leben und vollständig dann im künftigen Leben gesättigt werden.
8. In diesem Sinne drückt sich auch das unvollständige Werk über Matthäus aus, das in der Vergangenheit dem hl. Johannes Chrysostomus zugeschrieben worden war.
Hier seine Worte: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit: Hunger nach Gerechtigkeit hat, wer in Übereinstimmung mit der göttlichen Gerechtigkeit leben möchte, was das Vorrecht eines gerechten Herzens ist; der Durst nach Gerechtigkeit, der die Erkenntnis Gottes erlangen möchte, die er durch das eifrige Studium der Schriften erlangen kann, das einem Menschen eigen ist, der sich führen lässt. Weil sie zufrieden sein werden, sicherlich durch die Großzügigkeit der göttlichen Belohnung, da die Belohnungen Gottes größer sein werden als die unersättlichen Wünsche der Heiligen“. (Omelie, 9).
9. Die Seligkeit, die sich auf Hunger und Durst nach Gerechtigkeit bezieht, kann auch als Gerechtigkeit in Bezug auf die Moral- oder Kardinaltugend interpretiert werden.
Da der Herrgott will, dass jeder das erhält, was ihm zusteht, ist Hunger und Durst nach Gerechtigkeit das Mindestmaß an Nächstenliebe, gemäß einem schönen Ausdruck des heiligen Papstes Paul VI.
Jesus versichert uns, dass diejenigen, die nach Gerechtigkeit in Bezug auf die Moral- oder Kardinaltugend hungerten und dürsteten, im künftigen Leben reichlich gesättigt werden.
Er garantiert uns jedoch nicht, bereits im jetzigen Leben gesättigt zu werden. Viele sterben auch heute noch als Märtyrer wegen der Ungerechtigkeit und Arroganz der Tyrannen, ohne Anzeichen einer Veränderung zu sehen.
Er versichert jedoch denen, die unter der Arroganz anderer leiden und die es verstehen, ihre Leiden mit den Seinen zu vereinen, etwas sehr Tröstliches: “Ihr aber habt in meinen Prüfungen bei mir ausgeharrt. Darum vermache ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vermacht hat: Ihr sollt in meinem Reich an meinem Tisch essen und trinken und ihr sollt auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten” (Lk. 22,28-30).
Mit dem Wunsch, dass du immer diesen zweifachen Hunger und Durst zu haben vermagst, versichere ich dir mein Gebet und segne dich.
Pater Angelo