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Frage
Lieber Pater Angelo,
ich möchte Sie zu einigen Aussagen befragen, die ich von einem recht bekannten Youtuber gehört habe.
Er behauptet, dass die Bibel nirgends den vorehelichen Geschlechtsverkehr verurteilt (solange er innerhalb einer Liebesbeziehung stattfindet). Er fügt noch weiter hinzu, dass der von Paulus verwendete Begriff „porneia“ als „Prostitution“ zu verstehen sei und dass es sprachlich unbegründet ist, darin eine Verurteilung von außerehelichen Beziehungen zu sehen. Dies gelte umso mehr, als diese weit verbreitet waren und man sich daher eine ausdrückliche Ermahnung erwarten würde.

  1. Stimmt es, dass die Heilige Schrift über diese Sünden schweigt?
    Des Weiteren argumentiert er, dass die Kirche diesbezüglich keine konstante Position eingenommen hat, und die erste Verurteilung auf das 12. Jahrhundert zurückgeht (er zitiert einen gewissen Dr. Bernard Hoose als Beweis). Da dies normal war zu der Zeit, sei es seltsam, dass die Missbilligung eines solchen Verhaltens zurückgehalten wurde (als seltene Ausnahme wäre Augustinus zu erwähnen).
  2. Schweigt die Tradition tatsächlich zu diesem Thema?
    Eine letzte Unterstellung von ihm betrifft das Verbot Jesu: „Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren…“. Seiner Meinung nach, beziehe sich das ausschließlich auf verheiratete Personen. Die Formulierung „hat in seinem Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen“ würde voraussetzen, dass zumindest einer der beiden in einer Ehe verbunden ist. Andernfalls könne von Ehebruch nicht die Rede sein.
  3. Was kann man in diesem Zusammenhang antworten?
    Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre freundliche Bereitschaft und vertraue auf Ihre klärende Antwort.
    Ich bete für Sie.
    Davide

Antwort des Priesters
Lieber Davide

  1. ich habe mir einen Teil des YouTube-Kanals angeschaut, den du mir geschickt hast, der so manche Vulgarität aufweist, voller biblischer Fehlinformationen ist und außerhalb jeder evangelikalen Logik der Heiligung steht: „Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“
  2. Dieser Mann behauptet, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr der Heiligen Schrift nach zulässig sei.
    Nun, es gibt keinen einzigen Vers, der das besagt!
    Sie wurden sogar so sehr missbilligt, dass sie ein Grund für die Ablehnung der nichtjungfräulichen Braut sein konnten, wie man in Deuteronomium 22:21 lesen kann.
    Bei Tobija heißt es: „Hüte dich, Kind, vor jeder Unzucht!“ (Tob 4,13).
    Paulus sagt im ersten Brief an die Korinther: „Flieht die Unzucht“ („Fugite fornicationem“, 1 Kor 6,18) in einem Kontext, in dem die Prostituierte als Hure bezeichnet wird. Es wäre logischer gewesen, wenn der lateinische Text gesagt hätte: „Flieht die Hurerei“. Das tut er aber nicht. Er schreibt: Flieht die Unzucht.
    In der aktuellen Übersetzung heißt es: „Flieht die Unreinheit“, was ein weiter gefasster Begriff ist, der alle Arten von Unzucht einschließt.
  3. Ein wichtiger Text zur Verurteilung von Unzucht und anderes unzüchtiges Verhalten findet sich in Offenbarung 2,6, wo Johannes den Engel der Gemeinde in Ephesus lobt und sagt: „Du verabscheust das Treiben der Nikolaiten, das auch ich verabscheue“. Nach Tertullian und Clemens von Alexandria aus dem 2. und 3. Jahrhundert lehrten die Nikolaiten, dass Sinnesfreuden den Geist nicht verunreinigen und keine Sünde darstellen.
    Es scheint, dass die besonders harten Worte des Petrus in seinem zweiten Brief gerade gegen die Nikolaiten gerichtet sind: „Gott hat auch die Engel, die gesündigt haben, nicht verschont, sondern sie mit Ketten in der Finsternis der Unterwelt verwahrt und sie als Gefangene dem Gericht übergeben. Er hat auch die Welt am Anfang nicht verschont, sondern mit sieben anderen Noach, den Künder der Gerechtigkeit, bewahrt, als er die Flut über die Welt der Gottlosen brachte. Auch die Städte Sodom und Gomorra hat er eingeäschert und zum Untergang verurteilt, als ein Beispiel für die Gottlosen in späteren Zeiten. Den gerechten Lot aber, der unter dem ausschweifenden Lebenswandel der Frevler litt, hat er gerettet; denn dieser Gerechte, der mitten unter ihnen wohnte, musste Tag für Tag ihr gesetzwidriges Tun sehen und hören und das quälte diesen Gerechten. Der Herr kann die Frommen aus der Versuchung retten; die Ungerechten aber kann er für den Tag des Gerichts aufsparen, um sie zu bestrafen, besonders jene, die sich von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen und die Macht des Herrn verachten. “ (2 Petr 2,4-10).
    Wie du siehst, spricht die Tradition von Anfang an über dieses Thema und nicht erst seit dem 12 Jh.
  4. Was die Worte Jesu betrifft: „Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren hat in seinem Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen“, so ist es richtig, dass das im Evangelium verwendete griechische Wort moikeia (lat. moheca) Ehebruch bedeutet.
    Aber hier, in einer hyperbolischen Rede des Herrn, muss man diesem Wort seine richtige Bedeutung geben.
    Nach dem heiligen Augustinus bedeutet moikeia jede fleischliche Lust.
    Der heilige Thomas folgt dem heiligen Johannes Chrysostomus und sagt, dass „non moechaberis“ bedeutet: „Du sollst dich nicht widerrechtlich mit einer Frau verbinden“.
    Die italienische Übersetzung des Textes des heiligen Thomas übersetzt zu Recht: „Du sollst keine Unzucht treiben, das heißt, du sollst dich nicht unrechtmäßig mit einer Frau verbinden. Denn Unzucht ist eben eine unerlaubte Beziehung zwischen Mann und Frau“.
  5. Der Herr will hiermit dieser Sünde Gewicht verleihen.
    Denn nach Ansicht der Schriftgelehrten und Pharisäer war nur die äußere Handlung eine Sünde. Das Innere zählte nicht.
    Jesus hingegen sagt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (Mt 5,20). Mit diesen Worten ruft er zur inneren Reinheit auf, noch vor der äußeren.
  6. Dass Jesus eine hyperbolische Sprache verwendet, ist offensichtlich, denn er sagt: “Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird” (Mt 5,29).
  7. Die Worte des Herrn gelten für alle, Männer und Frauen, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind und den anderen zu einem Objekt der Begierde machen.
    Es wäre irreführend zu denken, dass diese Worte nur für Männer gelten und nicht für Frauen oder Personen gleichen Geschlechts.
    Was hier im Wege steht, ist die evangelische Logik der reinen und heiligen Liebe, deren Ziel die vollkommene Gemeinschaft mit Gott ist, die sich in der Heiligung verwirklicht.
  8. Johannes Paul II. vermerkte, dass die Scham der Stammväter, sich mit Feigenblättern zu verstecken, daher rührt, dass sie, nachdem sie die Gemeinschaft mit Gott verloren haben, „ihre Sexualität nicht mehr im Licht der Dreifaltigkeit, sondern im Licht der tierischen Sexualität zu sehen scheinen. Dafür schämen sie sich.
    Jesus kommt auf die Bedeutung dieses Blicks zurück, der den anderen unpersönlich macht, indem er ihn auf ein Objekt reduziert, wenn er sagt: „Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren hat in seinem Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen“ (Mt 5,28).
    „Durch die Begierde, die sich des Herzens bemächtigt hat, wird das persönliche Wesen des anderen in seiner Intentionalität reduziert (es wird nur noch zum Objekt der Befriedigung), denn wer so schaut, hat bereits auf die Wahrheit seines persönlichen Wesens verzichtet. Er ist derjenige, der sich des anderen bedient oder ihn genießt. Mit einem Wort: Die Existenzweise der beiden Personen entspricht nicht mehr ihrer ursprünglichen Wahrheit, ihrem „Anfang“. Der Mann, der schaut, erkennt nicht mehr die bräutliche Bedeutung seines Leibes und des Leibes des anderen: Das gegenseitige ‚Für‘ wird deformiert, es verliert seinen Charakter der Gemeinschaft der Personen zugunsten einer utilitaristischen Funktion“ (Johannes Paul II., Mann und Frau haben ihn geschaffen, S. 16).
    Ein solcher „Ehebruch“ kann, wie Johannes Paul II. betont, auch zwischen den Eheleuten selbst innerhalb der Ehe stattfinden.
  9. Ich nutze deine Frage, um an den Kommentar des heiligen Thomas bezüglich der Worte des Herrn zu erinnern: “Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren, hat in seinem Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen“ (Mt 5,28).
    Dazu sagt er: „Da das Begehren manchmal plötzlich und nicht absichtlich geschieht, ist es nach dem heiligen Hieronymus entschuldbar und eine pro passion. Im Gegensatz dazu ist das Begehren mit Bedacht Todsünde und dem heiligen Hieronymus nach eine Leidenschaft”.
    Er fügt hinzu: „Außerdem fragt man sich, warum er nicht ‚Unzucht treiben‘, sondern nur ‚begehren‘ sagt. Er antwortet: weil man innerlich schon so kompromittiert ist, dass man zur Tat schreiten würde, ergäbe sich die Möglichkeit dazu“.
  10. Ich möchte noch hinzufügen, dass es nicht stimmt, dass „porneia“ als „Prostitution“ zu verstehen ist.
    Im Basiswörterbuch Griechisch-Italienisch des Neuen Testaments, das vom Waldenser Professor Bruno Corsani herausgegeben wurde, heißt es: „porneia: impudicizia, Unzucht sexueller Art, Prostitution, Ehebruch oder Konkubinat“.
    Wie wir sehen, haben wir es mit einem breiteren Bedeutungsspektrum zu tun, und es ist irreführend, es nur auf Prostitution zu reduzieren.
    Das Wort muss in seiner wahren Bedeutung gelesen werden, die in unserem Fall die der biblischen Sprache ist, und nicht einfach die der griechischen Kultur.

Ich wünsche dir alles Gute, segne dich und gedenke deiner im Gebet.
Pater Angelo