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Frage
Lieber padre Angelo,
bevor ich eine Marienwallfahrt antrete, bereite ich mich normalerweise durch das Gebet, die Beichte und den Gottesdienst darauf vor. Wozu dient aber eine Wallfahrt eigentlich?
Worum kann man die Muttergottes während der mehrstündigen Fußreise zum Wallfahrtsort bitten?
Gibt es etwas wirklich Wichtiges, Großes und Nützliches für unser Leben und unser spirituelles Wachstum, worum wir die Gottesmutter bitten können?
Ich weiß nicht so recht, welche Gnade ich Maria erbitten soll, vielleicht etwa so: “Erlange du mir etwas, was ich für mein geistliches und materielles Wachstum am meisten bedarf?”
Welche Vorteile ergeben sich aus einer gut organisierten Pilgerfahrt?
Vielen Dank, und wie immer, schließe ich Sie in meine Gebete ein.
Antwort des Priesters
Lieber Besucher,
1. eine Wallfahrt ist das Zurücklegen eines Pilgerweges zu Fuß oder mit einem Transportmittel, an dessen Ziel eine heilige Stätte besucht wird.
Im Wesentlichen hat sie kultische Zwecke. Sie wird unternommen, um Gott, die Selige Jungfrau Maria oder einen bestimmten Heiligen zu preisen.
Zuweilen wird sie auch zur Buße oder Danksagung gemacht.
Aber der häufigste Anlass dafür ist, Gnaden zu erflehen.
2. Im Alten Testament waren alle männlichen Juden verpflichtet, anlässlich der wichtigsten Feiertage, dreimal im Jahr nach Jerusalem, der heiligen Stadt, zu pilgern.
Dazu gehörten Ostern, Gedenktag der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, Pfingsten, Gedenktag der Übergabe des Gesetzes an Moses, und das Laubhüttenfest, in Erinnerung an das, in der Wüste auf wunderbarer Weise, durch Moses, geschenkte Wasser Gottes.
Jesus selbst hielt sich an diese Vorschriften.
3. In den Evangelien gibt es jedoch etwas Neues: der Hl. Lukas stellt das von Jesus durchgeführte Werk im Rahmen eines langen Weges vor, der Jerusalem, seinem Opferort, zum Ziel hat. (Lk. kap. 9-19).
Dies, auch in Anbetracht der Worte Jesu, die im Johannesevangelium aufgezeichnet sind “Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater” (Joh 16, 28), hat uns deutlich gemacht, dass auch unser Leben eine Pilgerfahrt ist, eine Reise, die das Heiligtum des Himmels, also Gott, zum Ziel hat.
Im Gegensatz zu den Juden sind Christen heutzutage nicht dazu aufgefordert, eine materielle Reise zurückzulegen, sondern eher eine spirituelle.
4. Und dennoch gingen einige Christen bereits seit frühester Zeit die Orte der Erlӧsung besuchen. Aus diesem Grund ließ Kaiser Hadrian gerade an diesen Orten heidnische Tempel errichten.
Auf diese Weise hat er, ohne es zu wissen, der Geschichte einen großen Dienst erwiesen, weil er die Orte der Geburt Jesu, seines verborgenen Lebens, des Kalvarienberges usw… klar festlegte.
Nach dem Ende der Christenverfolgungen begannen dann die Wallfahrten zu den heiligen Stätten. Besonders berühmt war die Wallfahrt von der Hl. Helena, Konstantins Mutter, die auch das Kreuz unseres Herrn fand.
Auf dem Kalvarienberg wurde auch die Konstantin-Basilika errichtet, die neben den anderen heiligen Stätten heute noch Ziel zahlreicher Pilger ist.
5. Zur gleichen Zeit, stets am Ende der Verfolgungen, begannen einige zu den Märtyrern zu pilgern. Bei diesen Pilgern handelte es sich um Christen, die verfolgungsbedingt in Verleugnung des Glaubens geraten waren und später wieder in die Kirche aufgenommen werden wollten.
Sie wurden dann zu den Märtyrern geschickt, die damals noch lebten, um Christi willen gelitten hatten oder immer noch litten.
Es war, als könnten sie in Gemeinschaft mit ihrem Leiden und Verdiensten für ihre begangenen Sünden irgendwie büßen.
Während also die Christen in den ersten drei Jahrhunderten nur geistlich pilgerten, begannen nun auch Pilgerfahrten im materiellen Sinne.
6. Zur gleichen Zeit begann man auch, zu den Märtyrergräbern zu pilgern, um Gnaden zu erflehen, wie es der Hl. Lucia geschah, die von Syrakus zum Grab der Hl. Agatha in Catania pilgerte, um die Heilung ihrer Mutter anzuflehen und zu erlangen.
7. So nahmen Pilgerfahrten aller Art, Gestalt an: manche waren zum Dank und Lobpreis, andere zur Sühne, andere zur Auflösung eines Gelübdes, andere schließlich, um Gnaden zu erbitten.
Während der Pilgerreise, besonders wenn sie gut vorbereitet und geleitet wird, sind deshalb Geist und Herz während der Reise immer auf das Ziel der jeweiligen bestimmten Wallfahrt gerichtet.
Das Gebet und die Buße, die die Pilgerfahrt begleiten (besonders wenn sie zu Fuß erfolgt), machen diesen Weg tugendhaft und verdienstvoll.
Das Gebet, das die Pilger am häufigsten begleitet, ist der Heilige Rosenkranz. Es ist ein einfaches und praktisches Gebet, das außer der Krone keine besonderen Hilfsmittel benötigt, um das Ave Maria und die verschiedenen Gesätze zu zählen.
Die Gebete, aus denen der Rosenkranz besteht (Vater Unser, Gegrüßt seist du Maria, und Ehre sei dem Vater) wecken großes Vertrauen und schaffen Frieden.
Bei manchen Pilgerfahrten wird dem Rosenkranz oft auch ein Kreuzweg hinzugefügt, besonders an bestimmten Orten, wie zum Beispiel in Lourdes.
8. Manchmal pilgert man auch herum, ohne ein bestimmtes Ziel.
Man pilgert aus Vergnügen, weil man nicht weiß, wohin man gehen soll oder um einen ruhigen Ort zu erreichen, wo man in aller Ruhe verweilen kann, ohne vor jemanden Rechenschaft ablegen oder seinen Geldbeutel zücken zu müssen.
Man nimmt daran teil, um Ruhe und Frieden zu finden.
In diesem Fall braucht es keine genaue Begründung. Es ist, wie einen lieben Menschen besuchen, zu dem es keinen bestimmten Anlass bedarf, außer dem Wunsch, zusammen zu sein und sich wohl zu fühlen.
Auch dies ist eine stillschweigende Verherrlichung Gottes, der Muttergottes und der Heiligen.
Auch die Teilnahme ohne zwingenden Grund, ist eine schöne Sache. Man erlebt die Freude der alten jüdischen Pilger wieder, die sich beim Singen erfreuten: “Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des HERRN wollen wir gehen.” (Ps. 122,1).
9. Am Wallfahrtsort angelangt, beginnt man dann das Gebet.
Dann fällt einem dieser oder jener Grund zum Beten ein. Und man fängt an, für sich selbst oder für andere zu beten.
Die Seele wird erfüllt und man kommt nach Hause mit dem Wissen, etwas Schӧnes, Gutes, Verdienstvolles und Gott Wohlgefälliges getan zu haben.
10. Es darf nicht vergessen werden, dass viele auch heute noch zu Wallfahrtsorten fahren, weil dort immer Priester für die Beichte und dem Segen zur Verfügung stehen.
11. Zum Schluss fragst du mich, welche Vorteile man mit nach Hause bringt.
Gewöhnlich handelt es sich um geistliche Vorteile, wie die Wiederbelebung des Glaubens, der Frӧmmigkeit, des Gebets.
Dann gibt es die Vorteile, die mit den erbetenen und empfangenen Gnaden verbunden sind.
Außerdem gibt es die Wohltat des Seelenfriedens.
Es gibt den Vorteil, dass man außergewӧhnliche Orte besucht, und in jeder Hinsicht andere Luft schnuppert.
Des weiteren gibt es den Vorteil, die Gemeinschaft oder Verwandtschaft wiederzubeleben, wenn die Pilgerreise gemeinsam unternommen wird.
Es gibt den Vorteil der Vergebung der lässlichen Sünden.
Es gibt auch die Vergebung der, vorab in der Beichte bekannten Todsünden.
Manche beginnen ein neues Leben.
Schließlich gibt es noch den des Erlasses der, im Fegefeuer zu verbüßenden, Zeitstrafe. Mit anderen Worten, es gibt den Vorteil des Ablasses.
12. Das sind die Gründe, warum in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, während überall die Säkularisierung voranschritt, ein Kirchenmann sagte: heute ist alles in einer Krise, alles ist im Niedergang, außer den Wallfahrten zu den Heiligtümern.
Jeder geht dorthin, Heilige und Sünder, Gläubige und Nichtgläubige.
Manchmal erwecken Heiligtümer den Eindruck einer Oase in der Wüste.
Sie sind eine wahrhaftige Gnade Gottes.
Ich danke dir für die Frage, schließe dich in mein Gebet ein und segne dich.
Padre Angelo