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Frage

Guten Abend Pater Angelo,

nachdem mein Vater an COVID gestorben ist, stelle ich mir Fragen über den Sinn des Lebens. Was für einen Sinn hat es, geboren zu werden, wenn der Verlust eines geliebten Menschen in uns so viel Trauer auslöst? Man denke auch an den Schmerz der Sterbenden, wenn sie verstehen, dass sie ihre Familie zurücklassen. Was bringt es, sein ganzes Leben lang Opfer zu bringen, zu arbeiten, zu kämpfen, sich gegen schlechte Menschen zu verteidigen?

Wir verbringen den Großteil unseres Lebens damit, Opfer zu bringen…. ich denke auch an die Familien mit Behinderten oder in denen jemand schwer krank ist.… wie kann man da das Leben schӧn finden? 

Ich werde die Verbitterung über das Geschehnis nicht los.

Danke.

Maria Rita


Antwort des Priesters

Liebe Maria Rita,

1. um den Sinn des Lebens zu verstehen, bedarf es eines übernatürlichen Blickes.    

Aus rein menschlicher Sicht, wird das Leben, egal wie schön und faszinierend es bisher war, im Moment der Bedrängnisse jedoch plӧtzlich sinnlos. 

Es sind mehr oder weniger die gleichen Gefühle, die Kohelet in der Heiligen Schrift ausdrückt, der einerseits sagt: “Ich habe erkannt, es gibt nichts Besseres für den Menschen, als von seinen Werken zu genießen.”  Das ist sein Anteil,  denn wer kӧnnte ihn dazu bringen, zu sehen, was nach ihm sein wird?” (Koh 3,22).

Aber gleich darauf fügt er hinzu: “Dann wieder habe ich alles beobachtet, was unter der Sonne getan wird, um Menschen zu unterdrücken. Sieh, die Ausgebeuteten weinen und niemand trӧstet sie; von der Hand ihrer Ausbeuter geht Gewalt aus und niemand trӧstet sie. Da preise ich immer wieder die Toten, die schon gestorben sind, und nicht die Lebenden, die noch leben müssen.  Glücklicher aber als beide preise ich den, der noch nicht geworden ist, der noch nicht das schlimme Tun gesehen hat, das unter der Sonne getan wird. Denn ich beobachtete: Jede Arbeit und jedes erfolgreiche Tun bedeutet Konkurrenzkampf zwischen den Menschen. Auch das ist Windhauch und Luftgespinst.” (Koh. 4,1-3).

2. Der übernatürliche Blick ist der Blick des Glaubens.  

Und Glauben zu haben ist, wie der heilige Thomas erinnert, dasselbe wie „mit den Augen eines anderen zu sehen“ (Contra Gentes, III,154).

3. In unserem Fall geht es darum, die Welt mit den Augen Gottes zu sehen, genauer gesagt mit den Augen Jesu Christi, denn Jesus ist Gott, der Mensch geworden ist, um unser Licht zu sein.  

4. Nun führt uns Jesus Christus vor Augen, dass der Sinn des gegenwärtigen Lebens darin besteht, unsere ewige Zukunft vorzubereiten. 

Der Herr möchte, dass wir die Urheber dieser Zukunft sind, das heißt, dass wir sie suchen, lieben, herbeisehnen, sie immer mehr uns zu Eigen machen.

Er will, dass sie uns im wahrsten Sinne des Wortes angehört. Und das ist nur so, wenn es von uns gewollt ist.

Darum hat er gesagt : “Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen! Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.” (Mt 6,19-21).

Und auch: “Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit” (Mt 6,33), das heißt die Heiligkeit.

5. Und da Heiligkeit darin besteht, mit dem Herzen Gottes zu lieben und zu geben, was Gott zu geben wünscht, muss das ganze gegenwärtige Leben im Zeichen einer immer größeren Liebe gelebt werden und mit dem Wunsch, allen ewig das kostbarste Gut zu schenken, also Gott selbst.

6. So leuchtet alles auf.

Der Tod ist nicht das jämmerliche Ende von allem, wie diejenigen denken mögen, die nur für das gegenwärtige Leben leben.

Sondern es geht darum, Besitz zu ergreifen, wofür man lebt: das Reich Gottes.

Es ist das Zusammenleben  in einer endlosen Freude mit Gott und die ewige Vereinigung mit allen Eretteten, unter denen wir darauf vertrauen, unsere Angehörigen zu finden.

7.  So ergeben auch die Opfer des gegenwärtigen Lebens einen neuen Sinn, wenn wir sie in wiederholte Liebestaten für den Herrn verwandeln.

Die Opfer an sich sind nur Opfer. Aber wenn sie sich in Akte der Liebe zum Herrn verwandeln, dann lebt man nicht mehr, um Opfer zu bringen, sondern um den Herrn immer vollkommener zu lieben.

Dann verstehen wir, wie wahr das ist, was der Herr gesagt hat:  “Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht” (Mt 11,29-20).

8.  Es sollte daran erinnert werden, dass der Herr angesichts wiederholter Liebestaten nicht untätig bleibt, sondern mit immer größeren Gnaden erwidert.

Das war die Erfahrung des Hl. Polykarp, dessen Fest wir heute, am 23. Februar, feiern.  

Er war ein Jünger des Hl. Apostels und Evangelisten Johannes. Im Alter von 86 Jahren wurde er zum Tode verurteilt, weil er Christ war. Der Prokonsul sagte zu ihm: “„Denke an die unerträglichen Qualen, bei deren Anblick sogar die stärksten Seelen erzittern. Sprich mit dem ganzen Volk: „Lasst die Gottlosen ausgerottet werden. Schwöre beim Glücke des Kaisers und fluche Christus”.   

Aber Polykarp, mit einem himmlischen Gesicht und mit neuer Kraft gestärkt, antwortete: „Sechsundachtzig Jahre diene ich Ihm, und Er hat mir nie ein Leid angetan; im Gegenteil: jeden Tag habe ich neue Gnaden empfangen, wie könnte ich also meinen König und Erlöser lästern?”

Wie schön wäre es, wenn das Erlebnis des Hl. Polykarps zu unserem täglichen Erlebnis werden würde!

Das wünsche ich dir von ganzem Herzen. Und dafür versichere ich dir mein Gebet und segne dich.

Pater Angelo