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Frage

Ehrwürdiger Pater Angelo,  

hin und wieder stellt sich mir eine Frage moralischer Natur, die mich beunruhigt. Es geht um folgendes: ist die Verantwortung für die brüderliche Zurechtweisung nicht enorm, wohl wissend dass nur wer mit vollem Bewusstsein sündigt, eine schwere oder Todsünde begeht? Ich meine: solange einer sich dessen nicht bewusst ist, wird er wenig sündigen; wenn ich ihn aber zurechtweise oder über die Glaubenswahrheiten aufkläre, wird er in Sünde fallen, zumindest bis zu dem Moment, wo er sich bekehrt. Wie vereinen sich die Werke der geistlichen Barmherzigkeit den Zweiflern, Unwissenden und Sündern gegenüber, mit der unvermeidlichen Gefahr, dass diese, aufgrund unserer Worte brüderlicher Zurechtweisung, in Sünde verfallen? Bin ich dazu berechtigt?

Ich habe schon öfters eine Freundschaft riskiert, die mir übrigens viel bedeutete, um Gottes Wahrheit durchzusetzen. Aber dies ist nicht der Punkt, sondern vielmehr die Auswirkung der Wahrheit auf die Seele.

Ich hoffe, mich klar genug ausgedrückt zu haben und danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.

Francesca 


Antwort des Priesters

Liebe Francesca,

1. auch in diesem Fall gilt das, für Priester erarbeitete, Dokument des Lehramts der Kirche.

Es handelt sich um das Vademecum für Beichtväter des Päpstlichen Rates für die Familie (12.2.1997).

2. In N. 8 steht geschrieben: “Zweifelsohne ist jenes Prinzip immer als gültig anzusehen, demzufolge es vorzuziehen ist, den Pönitenten in gutem Glauben zu belassen, falls ein auf subjektiv unüberwindliche Unwissenheit zurückzuführender Irrtum vorliegt, und es abzusehen ist, dass der Pönitent, wenngleich unterwiesen, ein Leben des Glaubens zu führen, sein Verhalten nicht ändern würde, sondern vielmehr auch in formaler Hinsicht sündigen würde.

Jedoch hat auch in solchen Fällen der Beichtvater sich darum zu bemühen, die Beichtenden immer mehr dahingehend zu fördern, dass sie in ihrem Leben den Plan Gottes annehmen. Zu diesem Zweck kann der Beichtvater dem Pönitenten das Gebet empfehlen, ihn zur Gewissensbildung auffordern oder ihm eine gründlichere Kenntnis der kirchlichen Lehre anraten”.

3. Wie man sieht, sagt die Kirche nicht, die Gläubigen tout court in Unkenntnis des Gesetzes zu lassen, besonders wenn es um das göttliche Gesetz geht. Es würde dem Wohl der Gläubigen zuwiderlaufen, denn Gottes Gesetz ist dem Menschen nicht äußerlich, sondern es ist dasjenige, das seine innersten Bedürfnisse formuliert.

4. Daher sind auch die Laien dazu aufgerufen, deren beizustehen, die auf den drei genannten Wegen Fehler machen. 

Vor allem durch das häufige Gebet: Es ist äußerst wichtig, dass der Herr selbst, ihr Gewissen erleuchtet und es darauf vorbereitet, die ganze Wahrheit aufzunehmen.

Das Gebet ist wie ein Fluss oder ein Kanal der Gnade, der von Gott aus über die Person fließt, für die man betet.

5. Das zweite, das zu tun ist, ist, diesen Menschen bei der Bildung des Gewissensurteils zu unterstützen.

Dies muss mit Vorsicht und schrittweise erfolgen. 

Das oben erwähnte Vademecum erinnert uns daran, dass auch in der Ankündigung „das Gesetz der pastoralen Gradualität“ respektiert werden muss.

Das »Gesetz der Gradualität« darf in der pastoralen Tätigkeit nicht mit einer »Gradualität des Gesetzes« verwechselt werden, welche darauf aus ist, dessen Anforderungen zu mindern. Es besteht vielmehr in der Forderung nach einer entschiedenen Abwendung von der Sünde und einem stetigen Voranschreiten in Richtung auf die vollständige Vereinigung mit dem Willen Gottes und dessen liebenswerten Geboten.

6. Sobald eine gewisse Gewissensbildung erreicht ist, muss der dritte Schritt gemacht werden, nämlich „das Erbitten eines radikalen Bruchs mit der Sünde und eines fortschreitenden Weges zur völligen Vereinigung mit dem Willen Gottes und seinen liebenswerten Bedürfnissen“.

An dieser Stelle angelangt, versteht es sich von selbst, dass ein Wandel erforderlich ist. 

Und es wird einem klar, dass Gottes Wege nachfolgen, dasselbe ist, wie einen Weg des Glücks zu gehen und unheimlich viel Gutes mit sich bringt.

Und er erkennt auch, dass er sich nur selbst schadet, wenn er vom Gesetz Gottes abweicht.

7. Der erste Schritt bleibt jedoch unaufhörliches Gebet und Flehen zum Heiligen Geist.

Solange der Boden nicht vorbereitet ist, macht es keinen Sinn zu säen.

Ich wünsche dir alles Gute, erinnere deiner im Gebet und segne dich.

Pater Angelo