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Guten Tag padre,
ich bin’s wieder, Andrea.

Nochmals vielen Dank für Ihre vorherige Antwort.
Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen zum Thema Geschichte stellen.  Was die ersten Christenverfolgungen unter dem rӧmischen Reich betrifft,  behaupten manche, die christlichen Quellen seien unglaubwürdig (viele der Märtyrerberichte) oder die intransigenten Apologeten, wie Tertullian.
Manche sagen außerdem, die Christen seien nicht wegen ihres Glaubens verfolgt worden, sondern weil sie die Götter nicht verehrten (um die Verfolgung herunterzuspielen); die Christen hätten keine Zuflucht in den Katakomben gesucht (die zu klein und zu eng waren); die Christen hätten sich aufgrund des Denkens von Tertullian verfeindet (als Anhänger des Montanismus suchten sie freiwillig das Martyrium)  und seien daher noch mehr verfolgt worden.

Ich habe auch gelesen, die römischen Richter wären keine wirklichen Henker gewesen (so hätten sie die Apologeten in der Verherrlichung der Märtyrer beschrieben).
Stimmt etwas davon? Ich habe den Eindruck, dass einfach irgendwas gesagt wird, nur um die Kìrche zu kritisieren.


Mein Lieber,
1. Der rӧmische Historiker und Heide Tacitus, der zwischen 56 und 120 n. Chr. lebte, beschreibt die Christenverfolgung unter dem Kaiser Nero. 

Tacitus ist keine christliche Quelle.

Am Text, den ich dir übertrage, kannst du bemerken, dass er das Christentum für einen verderblichen Aberglauben und Unheil hält.
Er lebte übrigens bestimmt viele Jahren vor Tertullianus, der zwischen 155 und 220 lebte.
In dem historischen Werk Annales beschreibt er die wichtigsten Ereignisse der Regierungszeit der vier, Augustus nachfolgenden, römischen Kaiser, nämlich Tiberius, Caligula, Claudius und Nero.

2. Das ist was er bezüglich des Brandes schreibt, den Nero  hatte legen lassen und der Rom zum Großteil zerstӧrt hatte:
“Dies waren die Maßnahmen, die von der Vorsehung der Menschen ergriffen wurden. Unmittelbar danach wurden Sühnopfer für die Götter dargelegt und die Sibyllinischen Bücher konsultiert. Gemäß ihrer Anweisungen wurden ӧffentliche Gebete in Vulkan, Ceres, Proserpina und Versöhnungszeremonien in Juno abgehalten, die den Matronen zunächst auf dem Kapitol, später  dann am nächstgelegenen Meeresstrand anvertraut wurden, aus dem das Wasser geschöpft wurde, um damit den Tempel und die Statue der Gӧttin zu besprengen.  Währenddessen wurden rituelle Festmahle zu Ehren der Gӧttinnen und heilige Mahnwachen von den verheirateten Frauen gefeiert.  Doch weder das Personal, noch die Beiträge des Prinzen oder die versӧhnenden religiӧsen Praktiken konnten die Gerüchte über den schrecklichen Verdacht, dass jemand das Feuer gewollt hatte, zum Schweigen bringen. 
Um jedes Gerücht zu unterdrücken, schob Nero die Schuld denen zu, die das gewöhnliche Volk, wegen ihrer Schandtaten verhasste und Christen nannte. Der Kaiser verurteilte sie deshalb zu besonders grausamen Strafen.

Ihr Name leitet sich von Christus ab, der unter dem Kaiser Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus zum Tod verurteilt wurde.

Dieser verderbliche Aberglaube wurde vorläufig erstickt, brach jedoch erneut nicht nur in Judäa, dem Ursprungsland des Unheils aus, sondern auch in Rom, wo von überall her Anhänger der furchtbarsten Grausamkeiten zusammentrafen.
Zunächst wurden alle diejenigen festgenommen, die sich zum Christentum bekannten; anschließend wurde, auf ihre Beschwerde hin, eine große Anzahl anderer verurteilt, nicht so sehr wegen des Brandes, sondern wegen ihres Hasses auf die Menschheit.

Diejenigen, die starben,  waren auch fürchterlichen Misshandlungen ausgesetzt, man denke beispielsweise, dass einige Christen in die Häute wilder Tiere eingenäht und von Hunden in Stücke gerissen wurden oder wie Fackeln lebendig gekreuzigt und verbrannt wurden, um bei Einbruch der Dunkelheit als Nachtlicht zu dienen.

Für diese Vorstellungen hatte Nero seine Gärten zur Verfügung gestellt und bot Zirkusspiele an, mischte sich, als Wagenlenker verkleidet, unter das Volk, oder zeigte sich stehend auf einer Kutsche.  

Aus diesem Grund, obwohl sie schuldig waren und besondere Bestrafungen verdient hatten, entstand den Christen gegenüber auch Mitleid, weil sie nicht dem Publikum sondern der Grausamkeit eines Einzigen geopfert wurden”.

3. Nach dem Zeitalter von Tertullian, gab es andere besonders harte Verfolgungen, die eindeutig  nicht das Ergebnis einer  vermeintlichen  Emphatisierung von Tertullian sind.
Ich beziehe mich auf die von Decius (gegen Mitte des dritten Jahrhunderts) und die von Diokletian, der der letzte war.
Aber in Bezug auf diese letzte Verfolgung hören wir uns an, wie, laut zwei angesehenen Historikern, die Dinge verliefen.

4.Für einige Zeit ließ Diokletian (284-305) die Christen in Ruhe.
Mit großer Energie und Fähigkeit als Staatsmann ausgestattet, unternahm er eine tiefgreifende Umstrukturierung des Reiches.
Er verwandelte die Struktur des Staates, durch die Gnade des Jupiter mit einer Gerichtszeremonie im orientalischen Stil, in eine absolute militärische Monarchie. Seinen Wohnsitz verlegte er nach Osten (Nikomedia) und schuf eine neue Verwaltungsabteilung, die aus Präfekturen (4), Diӧzesen (12), Provinzen (96), und einem riesigen Beamtenapparat bestand. 

Die Einheitsregierung ersetzte er mit der Vierer-Regierung, der sogenannten Tetrarchie:

Er stellte als zweiten August für die Hälfte des Kӧnigreichs  seinen Waffengenossen Maximilian Herculius ein (286-305), und ernannte mit dem Spitznamen Caesars, seinen Schwiegersohn Galerius für den Osten und Constantius Chlorus für den Westen als Mitregenten und Nachfolger des Throns (293).
Der schon seit 260 anhaltende Frieden begünstigte die Verbreitung des christlichen Glaubens sehr.
In den Städten entstanden dann Kirchen von erheblicher Bedeutung, eine davon ziemlich offensichtlich sogar in der Wohnstadt Nicomedia.

Viele Christen hatten sehr hohe Positionen in der Armee und am Hof ​​inne.
Es schien, dass die neue Religion in kurzer Zeit, vor allem im Osten, die Übermacht übernehmen würde, nachdem sie es, bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 50 Millionen, bis zu sieben-zehn Millionen Gläubigen geschafft hatte und zu der wahrscheinlich auch die Frau des Diokletian Prisca und die Tochter Valeria neigten.

Der Partei der alten Religion, angeführt von Anhängern des Neuplatonismus, gelang es jedoch, den im Krieg tapferen, fanatisch brutalen Caesar Galerius und den durch ihn zögernden Diokletianer davon zu überzeugen, dass die imperiale Politik der Wiederherstellung und Zentralisierung als krönenden Abschluss die Unterdrückung der Feinde des Staatskultes forderte.

Lactantius bezeichnet als Inspirator (auctor et consiliarius) der Verfolgung, den Prokonsul Hierokles von Bithynien, einen Neuplatoniker, der auch durch seine Schriften die Christen  bekämpfte.

Dies führte zur letzten großen Verfolgung, der schwersten und längsten von allen, dem wirklichen entscheidenden Kampf zwischen Christen- und Heidentum.

Ein Auftakt dazu war die Säuberung der Armee: Soldaten standen vor der Alternative, Opfer darzubringen oder schändlich aus ihrer Karriere ausgeschlossen zu werden (Eusebius, III, 1).

Bei dieser Gelegenheit fanden einige den Tod: (Marcello, Dasio; in Bezug auf die später erwähnte thebanische Legion).

Die Verfolgung trat 303 in ihrer akutesten Phase ein.
Im Laufe des Jahres wurden vier Edikte erlassen, die ein authentisches System von Bestimmungen darstellten, die darauf abzielten, das Christentum nach Möglichkeit zu vernichten.
Das Erste Edikt  (Eusebius VIII, 2); Lactantius, De mortibus 3) vom 23. Februar 303 verordnete die Niederreißung der Kirchen und Verbrennung der heiligen Bücher. 

Geistliche, die gehorchten, indem sie den Verfolgern heilige Bücher übergaben, wurden später Traditores genannt, eine neue Art von Lapsi.
Alle Christen verloren ihre Bürgerrechte, Würdenträgern wurden degradiert, den kaiserlichen Angestellten wurde der Freiheitsentzug auferlegt.

Bereits bei der Anwendung dieses Dekrets kam es hier und dort zum Blutvergießen, in Nicomedia gab es sogar viele Märtyrer.
In dieser Stadt wurde den Christen die Schuld einer Reihe von Bränden zugeschrieben, die in der kaiserlichen Residenz ausbrachen und aufgrund dieser Anklage wurden alle diejenigen, die den Gӧttern keine Opfer darbrachten, zum Tode verurteilt, darunter der  Bischof Antimus, zahlreiche Mitglieder des Klerus und Gerichtsbeamte.

Einige militärische Unruhen in Syrien und Kappadokien boten dann den Vorwand für weitere Interventionen.

Zwei neue Edikte (Eusebius, VIII, 6) verordneten, Kirchenmänner festzunehmen und dazu zu zwingen, den Gӧttern Opfer darzubringen. 

Zum Schluss erweiterte ein viertes Dekret  (Eusebius, De mart. Palaest. 3) im Frühling 304 die Verordnung aller Christen, Opfer darzubringen.

Denjenigen, die trotz der Folter fest im Glauben blieben, wurde das Todesurteil verhängt, ganz oft auf extrem brutaler Weise. Dann flossen Ströme von christlichem Blut, besonders im Osten (Aera martyrum).
Es gibt 84 Geschichten über das Martyrium aus der kleinen Provinz Palästina.
Aus Ägypten (Thebais)  (Historia Ecclesiast., VIII, 9, 3-4)  meldet Eusebius Massenexekutionen 10 bis 100 Chisten pro Tag.
Natürlich gab es auch schwache Menschen und  Apostaten (Eusebius, VIII, 3).
Als Ausnahme zu dieser allgemeinen Verfolgung galt die Präfektur von Gallien, die aus Frankreich, Spanien und Britannien bestand, weil Constantius, der über dieses Land regierte, nur das erste Edikt anwandte.
Von dem Martyrium der sogenannten Thebäischen Legion (die zwar in der ägyptischen Provinz Thebais rekrutiert wurde) berichtet uns als Erster gegen das Jahr 450 der Bischof Eucherius von Lyon (Passio Agaunensium martyrum, III, 20-41).  Laut ihm, wurde die Legion, die ausschließlich aus Christen bestand und sich geweigert hatte, an der Verfolgung christlicher Mitbrüder teilzunehmen, vom Kaiser Maximian zweimal in Agaunum (heute St. Maurice im Kanton Wallis) dezimiert und schließlich in ihrer Gesamtheit massakriert.
Es werden besonders die Offiziere  Mauritius, Candidus, Essuperius und  Viktor erwähnt.
Späteren Berichten zufolge wurden verschiedene Mitglieder der Legion auch in anderen Städten, insbesondere am Rhein, getötet (Bonn, Kӧln, Xanten, Trier)” (K. Bihlmeyer – H. Tuechle, Kirchengeschichte, I, S. 117-119).

Ja, du hast Recht mit dem Abschluss deiner E-Mail: Ich habe den Eindruck, dass einfach irgendwas gesagt wird, nur um die Kìrche zu kritisieren.

Ich schließe dich gern in mein Gebet ein und segne dich.
Padre Angelo