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Frage

Guten Tag, Pater Angelo,

ich würde gerne von Ihnen etwas über Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, ihre Verbindung und ihren Unterschied erfahren.
Auch über den Unterschied zwischen menschlicher und göttlicher Gerechtigkeit.
Ich würde auch gerne wissen, ob es eine menschliche Barmherzigkeit gibt und inwiefern sie sich von der Barmherzigkeit Gottes unterscheidet.
Entschuldigen Sie, aber ich bin verwirrt und möchte mir in dieser Angelegenheit mehr Klarheit verschaffen. Deshalb bitte ich Sie um Ihre aufschlussreiche Hilfe.
Ich danke Ihnen für Ihre Bereitschaft und versichere Ihnen mein Gebet.
Giuseppe


Antwort des Priesters

Lieber Giuseppe,

  1. Gottes Barmherzigkeit ist die Haltung seiner zärtlichen Liebe uns gegenüber.
    Gottes Liebe ist grenzenlos. Und gerade weil er uns so sehr liebt, will er uns in die Gemeinschaft mit seinem immerwährenden, übernatürlichen Leben aufnehmen.
    Er hat uns seine Barmherzigkeit durch die Menschwerdung Jesu, sein Sühneopfer und seine Auferstehung mitgeteilt.
    Durch seine Auferstehung ist Jesus immer mitten unter uns und teilt uns die Zärtlichkeit des Vaters mit. Dies ist die größte Barmherzigkeit.
  2. Die Zärtlichkeit Gottes ist nicht nur ein Gefühl des Wohlwollens, sondern die Gemeinschaft mit Ihm.
    Eben weil sie uns geschenkt wird, nennen wir sie Gnade.
    Und weil sie unverdient ist (oft sogar sind wir unwürdig), nennen wir sie Barmherzigkeit.
    Die Begriffe Barmherzigkeit und Gnade sind also gleichwertig und sagen letztlich das Gleiche aus.
  3. Die Gerechtigkeit Gottes ist nicht einfach die Gerechtigkeit im Sinne von Jedem das Seine.
    Die schönste Bedeutung von Gottes Gerechtigkeit ist, nach der Heiligen Schrift, die Tatsache, dass Gott uns gerecht macht, das heißt, dass er uns heiligt.
    Es ist nicht einfach eine äußere Gerechtigkeit.
    Wie du siehst, wird hier der tiefe Unterschied zwischen menschlicher und göttlicher Gerechtigkeit deutlich.
    In der menschlichen Gerechtigkeit ist man gerecht, wenn man anderen gibt, was ihnen zusteht, auch wenn man es gezwungenerweise oder mit Missgunst tut.
    Es ist sogar gerecht, wer seine bösen Taten im Gefängnis verbüßt, auch wenn sein Herz mit Bösem erfüllt ist.
    Die Gerechtigkeit Gottes hingegen macht den Menschen innerlich gerecht. Oder vielmehr: sie heiligt.
  4. Wir können auch bemerken, wie die Barmherzigkeit Gottes die Gerechtigkeit nicht aufhebt, sondern sie auf die beste Weise verwirklicht, weil sie ein Herz dazu bringt, innerlich gerecht und heilig zu sein.
    Und gerade weil sie dazu führt, gerecht und heilig zu sein, bringt sie es dazu, bereitwillig Werke der Gerechtigkeit zu tun, wie wir im Fall von Zachäus sehen, der, berührt von der Barmherzigkeit Jesu, innerlich dazu angeregt wurde, das Gegenteil von dem zu tun, was er vorher getan hatte.
    Wenn er früher bei der Erhebung von Steuern manchmal die Gebühr erhöhte, sagt er jetzt: „Wenn ich jemanden betrogen habe, gebe ich viermal so viel zurück und die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen“.
    Wie du siehst, hat Zachäus alles bereitwillig getan.
    Das ist wahre Gerechtigkeit, die die Freundschaft zwischen den Menschen wiederherstellt.
  5. Deshalb hat Johannes Paul II. daran erinnert, dass „Das echte Erbarmen sozusagen die tiefste Quelle der Gerechtigkeit ist. Ist es der letzteren gegeben, zwischen den Menschen nach Gebühr »Recht zu sprechen«, wenn sie die Sachgüter verteilen und tauschen, so ist die Liebe und nur die Liebe (auch jene gütige Liebe, die wir als »Erbarmen« bezeichnen) fähig, den Menschen sich selbst zurückzugeben“ (Dives in Misericordia, 14 d).
    Und genau deshalb ist sie notwendig, denn “Die Erfahrung der Vergangenheit und auch unserer Zeit lehrt, daß die Gerechtigkeit allein nicht genügt, ja, zur Verneinung und Vernichtung ihrer selbst führen kann, wenn nicht einer tieferen Kraft – der Liebe – die Möglichkeit geboten wird, das menschliche Leben in seinen verschiedenen Bereichen zu prägen. Gerade die geschichtliche Erfahrung hat, unter anderem, zur Formulierung der Aussage geführt: summum ius, summa iniuria – höchstes Recht, höchstes Unrecht.
    Diese Behauptung entwertet die Gerechtigkeit nicht, noch verringert sie die Bedeutung der Ordnung, die sich auf sie aufbaut; sie weist nur unter einem anderen Aspekt auf die Notwendigkeit hin, aus jenen noch tieferen Quellen des Geistes zu schöpfen, denen sich die Ordnung der Gerechtigkeit selber verdankt” (DM 12d).
  6. Am kommenden Sonntag feiern wir das Fest der göttlichen Barmherzigkeit.
    Möge die Barmherzigkeit des Herrn unsere Herzen mit seiner Gnade erfüllen und sie so gerecht und heilig machen wie das Herz von Zachäus.

Möge die Osterfreude auch weiterhin dein Herz durchfluten.
Dafür versichere ich dir mein Gebet und segne dich.
Pater Angelo