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Frage

Lieber Pater Angelo, 

ich schreibe Ihnen erneut, weil ich das Buch von Kardinal Angelo Comastri mit dem Titel “Wie werden wir enden?”gelesen habe und mir gern darüber eine verlässliche Meinung einholen wollte.

Kardinal Comastri schreibt: 

“Eine Gruppe zeitgenössischer Theologen, die den biblischen Daten und den Erkenntnissen des kirchlichen Lehramtes treu sind, ist zu der Überzeugung gelangt, dass die letzte Entscheidung des Menschen im Augenblick des Todes getroffen wird. Man kann sich zu Recht fragen: aber welchen Wert hat dann das bisherige Leben, wenn letztendlich alles im letzten Moment entschieden wird? Offensichtlich hat das vorherige Leben mit all den Entscheidungen, die für gut oder schlecht getroffen wurden, im letzten Moment seine Gewichtung, weil jeder von uns seine gesamte Lebensgeschichte mit sich trägt; und diese Geschichte wiegt und findet ihre Erfüllung gerade in der letzten, nüchtern gefällten Entscheidung. So verstehen wir noch besser die Bedeutung der Anrufung, die das Ave Maria abschließt: „Bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Die Stunde unseres Todes ist der Moment, der die Ewigkeit bestimmt, und deshalb müssen wir sie ständig der mütterlichen Fürsprache Marias und der aller Heiligen und insbesondere der Fürsprache unserer Angehörigen anvertrauen, die uns den Weg des Glaubens vorausgegangen sind.“

Finden Sie nicht, dass diese Interpretation, so sehr sie die Barmherzigkeit Gottes auch preisen mag, ein bisschen riskant ist?

Jesus sagte, dass wir weder den Tag noch die Stunde kennen und dass wir Wache halten müssen.

Ich danke Ihnen, grüße Sie und bete für Sie, besonders in der Heiligen Messe.

Don Niccolò


Antwort des Priesters

Lieber Don Nicolò,

1. es ist bestimmt wahr, dass der Moment des Todes jener Moment ist, von dem alle Ewigkeit abhängt.

Und es ist ebenso wahr, dass Gott, der uns als unendlich liebevoller und barmherziger Vater liebt, immer alle notwendige Hilfe leisten wird, damit wir als reuige Sünder vor Ihm erscheinen, verwirrt, weil wir seine Gnade nicht angemessen genutzt haben, aber gleichzeitig als Menschen, die um Seine Gnade und Vergebung bitten.

2. Aber leider ist es so, dass auch die Dämonen ihren Teil dazu beitragen werden, indem sie uns alle begangenen Sünden vorwerfen werden, um uns zur Verzweiflung zu führen und uns nicht um Vergebung bitten zu lassen.

Deshalb sagt der Ewige Vater zur heiligen Katharina von Siena: „Oh, wie hart ist diese Schlacht für ihn, denn sie findet ihn unbewehrt, ohne die Waffe der strebenden Liebe, denn als Glied des Teufels ist er ihrer beraubt. Solchen fehlt das übernatürliche Licht wie auch das der Wissenschaft, weil sie uneinsichtig waren und ihre Hoffart sie nicht bis zu ihrem süßen Mark vordringen ließ. Darum wissen sie sich nun in den großen Schlachten nicht zu helfen. 

Von der Hoffnung werden sie nicht ernährt, weil sie weder auf Mich noch auf das Blut gehofft haben, zu dessen Verwalter Ich sie bestellte sondern bloß auf sich selbst und auf ihre weltlichen Stellungen und Freuden. 

Die Ungerechtigkeit, die er in seinem Leben geübt hat, klagt ihn im Gewissen an, so daß er nichts weiter zu fordern wagt als Gerechtigkeit.” (Gespräche von Gottes Vorsehung, 132).

3. Und leider ist es auch so, dass im Moment des Todes keine Zeit zum Nachdenken und zur Buße bleibt.

Aus diesem Grund hat der Herr in seiner Lehre an keiner Stelle gesagt, man solle auf den letzten Augenblick des Lebens vertrauen. Er sagte vielmehr, dass es in dem Moment nicht mehr ausreicht, sich an Ihn zu wenden: “Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde” (Mt 25,11-13).

Bezüglich des Todes sagte Jesus : “Eins ist euch doch klar: Wenn der Hausherr wüsste, wann ein Dieb bei ihm einbrechen will, würde er sich vor dem Einbrecher schützen. Seid also zu jeder Zeit bereit, denn der Menschensohn wird gerade dann kommen, wenn ihr am wenigsten damit rechnet” (Lk 12,39-40).

4. Aus diesem Grund lesen wir im goldenen Büchlein mit dem Titel Nachfolge Christi: „Wenn du heute nicht bereit bist, wie willst du es morgen sein? Der morgige Tag ist ein ungewisser Tag, und wer hat es dir denn verbürgt, dass du ihn noch erleben wirst? (Nachfolge Christi, I,23).

Der heilige Augustinus behauptet: “Es ist selten, dass jemand gut stirbt, nachdem er schlecht gelebt hat” (De Civitate Dei, I) und fügt hinzu: “Es wird der letzte Tag verborgen, damit jeder Tag gut gelebt wird” (latet dies ultimus ut observetur omnis dies).

5. In Bezug auf den Moment unseres Todes sollte man sich auch vor Augen halten, was das Konzil von Trient lehrt: „Obwohl unser Widersacher tatsächlich unser ganzes Leben lang jede Gelegenheit nutzt und ergreift, unsere Seelen in irgendeiner Weise zu verschlingen (vgl. 1 Pt 5: 8), gibt es jedoch keinen günstigsteren Zeitpunkt für ihn, uns möglichst auch vom Vertrauen der göttlichen Barmherzigkeit abzuhalten und uns zur Verzweiflung zu bringen, als in dem Moment, wo er sieht, dass das Ende unseres Lebens bevorsteht  „(DS 1694)

6. Ja, wir müssen auf die Hilfe der Muttergottes vertrauen, wenn wir sie im Laufe unseres Lebens angefleht haben mit: “Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes.“

Aber wenn wir uns zu diesem Zeitpunkt der Gnade beraubt sehen, besonders indem wir den Glauben und den Sakramentempfang aufgegeben haben, finden wir uns den Dämonen gegenüber völlig entwaffnet, die alles in die Wege leiten, um uns zur Verzweiflung zu führen, wie es der Ewige Vater der heiligen Katharina von Siena hat wissen lassen.

7. Es ist zweifellos nützlicher, die herzliche Warnung unseres Herrn im Auge zu behalten: “Darum haltet die Augen offen und seid wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann es so weit ist. Es wird dann so sein wie bei einem Mann, der vorhat, ins Ausland zu reisen. Bevor er sein Haus verlässt, überträgt er seinen Dienern die Verantwortung: Er weist jedem eine bestimmte Arbeit zu und befiehlt dem Pförtner, wachsam zu sein. Genauso sollt auch ihr wach bleiben. Ihr wisst ja nicht, wann der Hausherr kommen wird, ob am Abend oder um Mitternacht, im Morgengrauen oder nach Sonnenaufgang. Wenn er plötzlich kommt, soll er euch nicht unvorbereitet und schlafend antreffen. Was ich euch sage, gilt auch für alle anderen Menschen: Ihr müsst immer wachsam und bereit sein!” (Mk 13,33-37).

Wohlgemerkt, es handelt sich um einen Befehl: „Seid wachsam“. Es ist notwendig, auf diesen Moment vorbereitet zu sein, denn dieser Moment kann uns plötzlich überraschen und uns außerstande sehen, Maßnahmen zu treffen und Buße zu tun.

Daran erinnert uns auch die Kirche in der Aschermittwochsliturgie: “Lasst uns uns erneuern, lasst uns das Böse wiedergutmachen, das wir in unserer Unwissenheit getan haben, damit der Tod uns nicht überrascht und uns nicht die Zeit fehlt, uns zu bekehren” (Emendémus in mélius, quae ignoránter peccávimus, ne súbito praeoccupáti die mortis quaerámus spátium paeniténtiae, et inveníre non possímus).

Ich danke dir für dein wertvolles Gebet bei der Feier der Heiligen Messe. Gerne erwidere ich es und wünsche dir alles Gute.

Pater Angelo