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Frage

Lieber Padre Angelo,

mein Name ist Matteo und ich bin 19. Verschiedene Umstände haben mich dazu gebracht, dass ich mich mit 9 Jahren vom Glauben abgewandt habe, ohne das Sakrament der Firmung empfangen zu haben: seitdem bezeichne ich mich als überzeugter Atheist, auch wegen meines familiären Umfelds, das alles andere als gläubig ist. Mit 16 Jahren führte mich eine Reihe persönlicher Wechselfälle dazu, die Bibel zu lesen, und ich habe mich zum Christentum bekehrt. Ungefähr zwei Jahre lang habe ich dann in meiner Gegend eine evangelische Kirche besucht, habe es dann aber bleiben lassen, nachdem ich als Erwachsener getauft worden bin und viele Aspekte der Evangelisierung einige Bedenken in mir aufwarfen.

Nun bin ich seit etwa einem Jahr wieder zum Katholizismus „zurückgekehrt“ und habe, so Gott will, im Mai die Firmung.

Dies vorausgeschickt, komme ich zur Frage, weil ich es beschämend finde, dass jemand, der behauptet, gläubig zu sein, keine Antwort auf eine so einfache Frage hat, wie sie eine liebe Freundin von mir gestellt hat : wozu glauben?

Diese Freundin von mir, mit der ich bis vor kurzem auch eine Liebesbeziehung hatte, bezeichnet sich selbst als Agnostikerin, aber in letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass sie an Ihrer Orientierung zweifelt, vor allem seit sie “die Brüder Karamasow” gelesen hat. Deshalb ist es mir wichtig, ihre Frage korrekt beantworten zu können.

Ihre Begründung ist: „Wenn jemand aufrecht und gutmütig ist, und sich bemüht, seinen Nächsten zu lieben, was bringt dann einem der Glaube? Und wozu brauche ich die Errettung?“ Ich bin, ehrlich gesagt, etwas durcheinander geraten, auch wegen meiner „protestantischen Erfahrung“, die ich emotional sehr intensiv erlebt habe, obwohl sie mich nie vollkommen überzeugen konnte…

Vielleicht mag Ihnen meine Schilderung etwas voreilig vorkommen, tut mir leid, aber detailliert auf die Einzelheiten einzugehen, wäre zu lang.

Danke im Voraus für Ihre Aufmerksamkeit und ich bitte Sie, sich meiner im Gebet zu gedenken.

Mit freundlichen Grüßen


Antwort des Priesters

Lieber Matteo,

1. was du dir stellst, ist eine einfache Frage, deren Antwort aber alles andere als einfach ist.

Es ist einfacher für dich zu glauben, als dich zu fragen, warum du glaubst.

In meiner Antwort geht es nicht nur um eine Religion, die in gewisser Weise alle Menschen vereint, sondern um den christlichen und katholischen Glauben.

Die Annahme des Glaubens an Gott und an ein zukünftiges Leben, ist durch die Vernunft leicht erreichbar.

Der Mensch fühlt, dass seine eigene Existenz im Sein von einem Anderen getragen wird, von dem, der die Welt geschaffen hat. Und er nimmt auch wahr, dass er einen unsterblichen Geist besitzt.

Schon die antiken Philosophen waren mit rationalen Begründungen zu diesem natürlichen Glauben gelangt. Als der Hl. Augustinus, im Alter von 18 Jahren und inmitten einer, auch ethischen Krise, ihre Werke las  (gelinde gesagt, war er nicht gerade ein  Heiliger und noch nicht einmal getauft), erfüllte ihn die rationale Überzeugung der Existenz Gottes und der Unsterblichkeit der Seele.

Ich spreche stattdessen vom katholischen Glauben, der zwar auch den natürlichen Glauben einschließt, aber auch darüber hinausgeht.

Ich möchte dir mein persönliches Zeugnis davon geben.

2. Der erste Grund, warum ich an Jesus Christus glaube, liegt darin, dass ich in Ihm das Licht und den Sinn meines Lebens finde.

Die Begründung der einen oder anderen Wahl, die ich treffe, finde ich von allein.  Aber den Sinn des Lebens kann ich mit Sicherheit nur in Dem finden, Der mich geschaffen hat.

Keiner kann den Sinn der Existenz allein finden. Er kann höchstens etwas davon erahnen. Aber er findet die perfekte Antwort nur, indem er sie von Dem, der sie geschaffen hat, erfragt und sie von Moment zu Moment am Leben erhält.

Dann ist es nicht unvernünftig, an Einem festzuhalten, der von sich sagte, er seie schon, noch ehe Abraham wurde (Joh 8,58), und dies mit seinen Werken überwältigend bewiesen hat.

Seine absolute Herrschaft über die Natur (er beherrscht die Meere und Winde mit einem Wort und sie gehorchen), seine absolute Herrschaft über die Materie (er verwandelt Wasser in Wein und vermehrt Brote und Fische mit einem Willensakt), seine absolute Herrschaft über alle Übel, von denen er die Menschen mit einem einzigen Wort oder der einfachen Berührung seiner Kleider befreit, seine absolute Herrschaft über den Tod, weil er die Toten auferweckt, ohne seltsame Riten zu vollziehen, seine absolute Herrschaft über die Mächte des Bösen (die Dämonen), die zittern und fliehen vor Seiner Gegenwart, das alles sagt mir, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der beweist, die Quellen der Existenz in seiner Hand zu haben, das heißt, mit Gott.

Indem ich an Jesus Christus glaube, weiß ich an wem ich festhalte.

Auch ich kann gemeinsam mit dem Hl. Paulus sagen: “Ich weiß, wem ich vertraut habe”; “Ich weiß, wem ich geglaubt habe” (Scio enim cui credidi, 1 Tim 1,12)

3. Indem ich an Jesus Christus glaube, folge ich Jemandem der sagte: “Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. ” (Joh 8,12).

Wenn ich auf sein Wort höre, spüre ich, dass es sich von den Worten aller anderen Menschen, Denker oder Anführer unterscheidet.

Bei ihnen handelt es sich um tote Worte, und wenn sie wahr sind, reflektieren sie lediglich etwas von dem Licht, das von Ihm kommt und zu Ihm führt.

Sein Wort ist ein lebendiges Wort, das direkt zum Herzen spricht.

Er spricht nicht von außen wie alle anderen, sondern aus dem Grunde meines Wesens, weil ich Ihn präsent fühle. Er ist der innere Meister, Er ist “das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet und in die Welt kam” (Joh 1,9).

Sein Wort ist immer achtsam wie der Moment, in dem ich lebe und in dem ich leben werde.

Es gibt keinen Vergleich zwischen den Worten der Menschen und Seinen Worten.

So bin auch ich gezwungen, Ihm gegenüber dieselbe Verwunderung auszudrücken, wie die Soldaten, die ausgesandt wurden, um Ihn festzunehmen, doch keiner legte Hand an ihn und als sie zurückkamen, sagten sie: “Noch nie hat ein Mensch so gesprochen.” (Joh 7,47).

Warum also glauben? Warum eigentlich an Christus glauben? Weil niemand so spricht wie Er, weil ich fühle, dass Seine Worte wahr sind!

Mir fällt es leicht, die Worte der Menschen zu begutachten. Nur Seine Worte erobern mich bis aufs Letzte.

Ich habe das Gefühl, dass Jesus Christus mich selbst herausfordert, so wie er die Gesprächspartner seiner Zeit herausforderte, als er fragte: „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? ” (Joh 8,46).  Mit anderen Worten, wer kann sagen: du liegst in diesem oder jenem falsch?

Es fällt mir leicht, seine Worte zu paraphrasieren, mit dem was David über das Gesetz des Herrn sagte: “Ich sah, dass alles Vollkommene Grenzen hat, doch dein Gebot ist von unendlicher Weite ” (Sal 119,96). 

Ich glaube also, weil ich fühle, dass seine Worte der Wahrheit entsprechen und eine unbegrenzte Bedeutung haben.

4. Aber darüber hinaus gibt es noch mehr Gründe, weshalb ich glaube.

Ich fühle, dass Jesus Christus nicht nur das Licht ist, sondern Er ist derjenige, der mich in ein Leben einführt, von dem ich alleine nie gewusst hätte, dass es existiert: das Leben der Gemeinschaft mit Gott, mit seinen Gedanken, mit seinen Plänen, mit seinen Zuneigungen, mit seinen Heiligen.

Ich fühle, dass Jesus Christus, durch die heiligmachende Gnade persönlich in mein Herz eingezogen ist, und  dort die Gegenwart des süßesten, reichsten und barmherzigsten Freundes eingeführt hat, den man sich vorstellen kann.

Kein Mensch auf dieser Welt kann die Gegenwart seines engsten Freundes persönlich in sein Herz einführen. Er hält sich immer raus.

Aber im Leben des Glaubens an Christus ist dies nicht der Fall. 

Wer durch die heiligmachende Gnade an Jesus festhält, fühlt, dass in seinem Herzen jemand lebt, der ihm ein Gefühl der Fülle gibt.

Seine Gegenwart wird auch von den Bewohnern des Himmels begleitet, von den Heiligen, die mit ihm kommen und auch in uns sind, mit uns beten und für uns beten.

Wenn ich so in Gemeinschaft mit ihm lebe, vor allem während der Andacht und Kontemplation, kann ich dir versichern, dass ich etwas vom Paradies erlebe, das mit keiner Erfahrung dieser Welt vergleichbar ist.

Warum also glauben? Warum eigentlich an Christus glauben? Denn das ist die eigentliche Frage!

Ich glaube, weil Christus uns bereits jetzt in einen heiligen Weg einführt, ja, in ein heiliges Leben, in Gott, in Sich selbst.

5. Wenn du mich weiter fragst, was mich zum Glauben veranlasst, sage ich: Ich glaube, weil ich glaube, dass der Herr mein Herz berührt hat.

Ich fühle, dass der Glaube ein Geschenk ist, das mir vorausgegangen ist, wie das des Lebens.

Ich glaube, weil der Herr diesen Felsen von meinem Herzen gerissen hat, der noch immer auf den Herzen vieler lastet und sie daran hindert, Licht zu bekommen und in diesen Weg und das heilige Leben eingeführt zu werden.

Ich glaube also, weil der Herr mich zuerst geliebt und die Mauer der Trennung in mir niedergerissen hat, weshalb andere Ihn nicht kennen, nicht fühlen, nicht erfahren, nicht wissen, wie gut Er ist, nicht genießen, was Er vorbereitet hat für diejenigen, die Ihm das Herz öffnen.

Warum also an Christus glauben? Um Gott genießen und fühlen zu können und zu verstehen, dass alles andere davon abhängig ist.

6. Schließlich denke ich, noch etwas anderes hinzufügen zu müssen: Ich glaube, weil der Herr, der mich zuerst geliebt hat, mich davor bewahrt hat, in die Irre geführt zu werden, um Ihn nicht mehr am Horizont meines Lebens zu finden.

Ich glaube, weil ich dadurch von vielen moralischen Übeln bewahrt worden bin, weil Er mich ständig reinigt und mich täglich nährt.

Ich glaube also, weil Gott mich ständig zu sich zieht.

7. Nun siehst du, wie viele Gründe es gibt, zu glauben, um unseren Glauben zu sichern und zu erfreuen.

Er ist Freude, weil Er uns bereits auf Erden die Realitäten des Himmels auskosten lässt. Und gerade deshalb können wir den Weg nicht einfach blindlings  einschlagen, indem wir im Ungewissen bleiben.

Wir halten uns nämlich an Jesus Christus fest, das Licht und die Wahrheit, die Nahrung und Stütze unseres Lebens, an den Einen, der uns von nun an, in einen heiligen Weg und ein heiliges Leben einführt, der uns wie in einer Vorfreude, jene Glückseligkeit des Paradieses erfahren lässt und in unser Herz ein immer tieferes Verlangen nach Gemeinschaft mit Ihm legt. Das hat zur Folge, dass wir Gläubige, den Glauben als schönstes Geschenk betrachten, das wir  je erhalten haben, als das “Tor”, das uns zu allen anderen Gütern führt.

Ich bin sicher, dass du dich in allem wiedergefunden hast, was ich dir geschrieben habe.

Ich versichere dir gern mein Gebet, damit der Herr dich im Glauben stark und glücklich macht und dich immer weiter auf den Weg zum heiligen Leben voranbringt.

Ich segne dich.

Padre Angelo