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Frage


Lieber Pater Angelo,
ich habe Ihnen vor einiger Zeit schon mal geschrieben und wende mich jetzt erneut an Sie, aber mit einer definitiv komplexeren und heikleren Frage.   
Im Laufe der letzten 3–4 Jahren ist ein Freund von mir nach 15 Jahren Ehe und 3 Kindern von seiner Frau verlassen worden. Um die Anonymität zu wahren, verwende ich fiktive Namen: Othello und Desdemona. Beide sind praktizierende Gläubige und kommen aus einer Kirchenbewegung.

Ich möchte nicht auf die Gründe eingehen, die zur Trennung geführt haben, aber einerseits scheint Desdemona psychisch nicht sehr stabil zu sein, während andererseits Othello die Trennung einfach so hingenommen hat, ohne sich wirklich für den Zusammenhalt der Familie einzusetzen. Von außen betrachtet könnte man vielleicht sagen, dass sie beide den beruflichen Erfolg der Familie vorangestellt haben.   
Das Schlimmste kam letztes Jahr. Othello und Desdemona sind seit ein paar Jahren rechtlich getrennt (nicht geschieden und ihre Ehe ist kirchlich noch gültig). 
Ende 2014 verkündet Desdemona ihre Beziehung zu einem geschiedenen Mann (mit Kindern aus erster Ehe) und zieht bei ihm ein. Zu bemerken ist, dass es sich dabei um den Ex-Mann eines Freundes handelt.
Anfang 2015 lernt Othello Titania (Name geändert) kennen, alleinerziehende Mutter von 2 Kindern, deren vorherige Ehe von der Sacra Rota annulliert worden war, und beginnt – auf den Ratschlag eines gemeinsamen Freundes – eine Liebesbeziehung mit ihr. Die Beziehung schreitet zügig voran und mittlerweile ist Tatiana schwanger.
Othello möchte mit Titania eine neue Familie gründen, doch das ist unter den gegebenen Umständen nicht sehr günstig. Insbesondere, weil auch die Erziehung ihrer Kinder mit im Spiel ist.
Ich und andere Freunde sowie ihre Verwandten finden diese Situation ziemlich peinlich.  
Ich weiß nicht recht, wie ich mich verhalten soll, aber erstens hätte ich Othello niemals empfohlen, eine Beziehung  mit Titania einzugehen, und zweitens hätte ich alles in die Wege geleitet, um festzustellen, ob die Voraussetzungen bestehen, die Ehe zwischen Othello und Desdemona annullieren zu lassen.
Lieber Pater Angelo, ich habe Ihnen in wenigen Zeilen eine komplexe und schmerzhafte Geschichte zusammengefasst. Ich weiß, es scheint, einer Seifenoper oder Telenovela entnommen zu sein, aber leider ist das bei der geschilderten Situation nicht der Fall und bereitet den Beteiligten große Sorgen.   
Ich wünschte, diese Angelegenheit könnte die Bedeutung des Sakraments der Ehe in Erinnerung bringen. Habe selbst Familie und möchte solche Probleme vermeiden. Außerdem möchte ich meinen Freunden beistehen und ihnen ein gelebtes christliches Zeugnis geben. 
Einen herzlichen Gruß und ich bete für Sie.

Antwort des Priesters
Lieber Besucher,

  1. aus rechtlicher Sicht ist sicherlich zu überprüfen, ob die Ehe zwischen Othello und Desdemona annulliert werden kann.
    Das gleiche müssen jedoch auch die anderen Beteiligten tun, die anscheinend alle verheiratet sind, deren Ehe aber gescheitert ist.
  2. Darüber hinaus sollten Othello und Desdemona dazu ermutigt werden, es sich zumindest zum Wohle der Kinder, noch einmal zu überlegen.
    Sie werden sich eines Tages vor Gott dafür verantworten müssen.
    Und das ist keine Kleinigkeit.
  3. Zum Schluss, sollten auch alle Ehen für nichtig erklärt werden, dürfen sich die Beteiligten nicht so ohne weiteres in einer Lebensgemeinschaft more uxorio zusammentun.
    Aber gerade das ist hier der Fall und sie tun, als wäre alles normal.
  4. Wie du selbst erkennst, sind sie in einer wirklich schlimmen Situation. 
    Zumal momentan jeder von seiner eigenen Leidenschaft und Position geblendet zu sein scheint.
  5. Deinerseits rufe ich dich auf, weiterhin  Zeugnis zu geben, indem du immer nur die Wahrheit sagst.
    Hab keine Angst, dich zu äußern, wenn du befragt wirst.
    Was Johannes der Täufer zu Herodes gesagt hat, gilt auch für sie: “Es ist dir nicht erlaubt, sie zur Frau zu haben” (Mt 14,4).
  6. Die Barmherzigkeit gegenüber den Menschen kann nicht vom Aufruf zur Umkehr und Buße getrennt werden.
    Wir sind nicht dazu berufen, jede Situation zu legitimieren und zu sagen, es ist alles erlaubt. Das wäre falsche Barmherzigkeit.
    Aber gemäß dem Auftrag Christi sind wir aufgerufen “Umkehr zu verkünden, damit die Sünden vergeben werden” (Lk. 24,47).
    Ich wünsche dir alles Gute, schließe dich in mein Gebet ein und segne dich.
    Pater Angelo