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Frage
Pater, schon seit Tagen überlege ich mir, ob ich Ihnen schreiben soll … ob ich Ihnen eine Frage stellen sollte oder einfach nur kurz meine Geschichte mit Ihnen teilen, soweit dies möglich ist. Ich mӧchte Ihnen zu verstehen geben, wie ich mich fühle – oder vielleicht brauche ich einfach etwas Trost und Hoffnung… ich weiß es nicht.
Ich heiße … und bin 24 Jahre alt.
Meine Bekehrung begann im August 2017, nach einer sehr schmerzhaften Erfahrung, die mir immer noch großes Leid verursacht … eine Abtreibung.
2016 wurde ich schwanger und habe mich über diese Nachricht gefreut. Ich hatte von Anfang an keine Zweifel, was ich machen wollte, nämlich die Schwangerschaft fortsetzen.
Leider war mein Ex-Freund nicht derselben Meinung. Als er davon erfuhr, hat er mich verlassen.
Trotz seiner Abwesenheit war ich fest entschlossen, die Schwangerschaft fortzusetzen aber leider trennte sich gleichzeitig mein Vater von seiner Partnerin und schob die Schuld der Trennung mir zu.
Meine ganze Familie war gegen mich und mein Vater unterdrückte mich, indem er sagte, dass die Entscheidung über mein Kind von seiner Partnerin abhinge … Käme sie zu ihm zurück, wäre das Baby in Sicherheit, andernfalls dürfte das Kind nicht geboren werden.
Ich habe versucht, mein Baby mit allen mӧglichen Mitteln zu verteidigen … hatte auch den, von meinem Vater vorgemerkten, ersten Abtreibungstermin, abgesagt.
Aber leider hat er es trotzdem geschafft, mich zur Abtreibung zu drängen. Er sagte, dass, wenn ich mein Kind zur Welt gebracht hätte, die Sozialarbeiter mir sowohl mein Kind als auch meine kleinere Schwester wegnehmen würden. Er hatte mich also an einen Scheideweg gestellt … alle waren gegen mich und ich wusste nicht mehr weiter … so habe ich nachgegeben.
Ich hätte nie abtreiben wollen.
Als man mich nach der Operation aufgeweckt hat, weinte und schluchzte ich bitterlich. Ich war mir bewusst, dass ich mein Kind nie mehr zurückbekommen hätte.
Seit jenem Tag ist ein Teil meines Herzens mit dem Kind gestorben.
Später, 15 Tage nach der OP, hat mich mein Vater rausgeworfen … Und da ich nicht wusste, wohin ich gehen sollte, nahm mich die Mutter meines Ex-Freundes bei ihr auf … Sie meinte, da ihr Sohn zu 50 % an der Abtreibung schuldig war, es das Mindeste sei, was sie tun konnte …
Inzwischen ließ ich mich von den Ereignissen mitreißen, kümmerte mich um niemanden mehr … war völlig im Schmerz versunken.
Das Zusammenleben führte nach einer Weile dazu, dass ich mich wieder mit meinem Ex traf … wir haben ungefähr ein Jahr zusammengelebt, aber es funktionierte nicht… ich schaffte es nicht mehr, den Mann, der mich und unser Kind abgewiesen hatte, zu ertragen … Deshalb gab es immer Auseinandersetzungen, Streit, langes Schweigen zwischen uns und ich habe viel um mein Kind geweint. Anstatt mich zu verstehen und zu trӧsten, pflegte er Sätze zu sagen wie: Was hast du denn zu weinen, und du wolltest Mutter werden!
Eines Tages hatte ich von diesen ständigen Streitigkeiten die Nase voll und verließ ihr Haus. Ich hatte die Grenze der Toleranz erreicht. Wäre ich nicht abgehauen, wäre ich wahrscheinlich verrückt geworden.
Nach einem Jahr des Leids, der Leere, Traurigkeit, des Grolls und Hass’ gegenüber dem, der mich zur Abtreibung verleitet hatte, begann, ganz unerwartet, durch einen meiner Lehrer, der Weg meiner Bekehrung… Dieser Lehrer hat mich mit viel Geduld und Liebe dazu gebracht, Jesus, die Kirche, die Ordensbrüder kennenzulernen und hat mir den Kurs 0 in Assisi empfohlen (wunderbare Erfahrung). Dort fand meine erste Beichte statt … Das erste, was ich in der Beichte getan habe, war, mich von diesem Schmerz, von dieser Last zu befreien. Anschließend ging es mir gut, es schien, als hätte sich der Schmerz in Freude verwandelt…
Als Nächstes hatte er mir nach und nach die zehn Gebote näher gebracht, und auch das hat mir viel Freude bereitet. Ich begann, das Wort Gottes besser zu verstehen und setzte so meinen Weg der Bekehrung fort. Im Juli 2018 habe ich am Franziskanermarsch teilgenommen und dort wundervolle Freunde kennengelernt, es war ein unvergessliches Erlebnis. Im Dezember 2018 habe ich dann meine erste Kommunion empfangen …
Es erfolgte dann eine “relativ ruhige” Zeit. Die Konflikte mit meiner Familie blieben natürlich weiterhin bestehen, denn nach der Abtreibung hat sich meine Beziehung zu ihnen nicht mehr erholt. Und ehrlich gesagt, war sie früher auch nichts Besonderes.
Wie gesagt, bis Januar 2020 blieb die Situation relativ ruhig, als ich plötzlich angefangen habe, Angstzustände und Panikattacken (nicht wegen des Covids) zu bekommen. Anfangs wusste ich nicht, was mit mir los war, aber ich verspürte ein immer stärker werdendes Schuldgefühl wegen der Abtreibung. Ich hatte sogar vor mir selber Angst , Angst, etwas zu tun, was mein Leben gefährden könnte, und so habe ich angefangen, an der Vergebung Gottes zu zweifeln und sagte mir: ”Wie kann Gott mir vergeben, nachdem ich eines seiner Geschöpfe getötet habe, für mich kann es keine Vergebung geben”. Ich war überzeugt, die Hӧlle verdient zu haben, und war regelrecht verzweifelt, ich wusste nicht, was tun. Und so habe ich begonnen, den Rosenkranz zu beten (es sei vorausgeschickt, dass ich ihn nur einmal während des Franziskanermarschs gebetet hatte. Daher wusste ich nicht einmal, wie das geht, und hatte keine Ahnung welche Rolle die Muttergottes dabei spielte). Wie auch immer, durch das Rosenkranzgebet habe ich mich von dieser Verzweiflung gelöst, aber die Angst ist bis heute noch geblieben, ich fühle mich wie eingesperrt, verlasse kaum noch das Haus, weil ich Angst habe, dass wir unterwegs schlecht wird usw… Aber ich glaube, in dieser Zeit auch viele Gnaden erhalten zu haben, weil Gott mich zur Heiligen Muttergottes geführt hat und ich die wahre Bedeutung der Hl. Messe und der Beichte besser verstanden habe. Ich habe aufgehӧrt zu rauchen und habe begonnen, öfters den Rosenkranz zu beten (möglichst jeden Tag). Das hat mir geholfen, mich innerlich besser kennenzulernen. Das Lesen christlicher Bücher hat mir geholfen, ein paar Dinge besser zu verstehen, und durch eine Gruppe von Laien, die die Muttergottes verehren, habe ich andere Brüder und Schwestern kennengelernt, mit denen ich gemeinsam bete.
Nur bin ich momentan etwas durcheinander und weiß nicht was tun und wie ich mich verhalten soll…
Durch das Gebet des Heiligen Rosenkranzes bitte ich den Herrn schon seit einiger Zeit… mich von diesem Zustand zu befreien, mich von Ängsten und Sorgen zu befreien, aber ich verstehe nicht, ob er gleichzeitig möchte, dass ich mich mehr bemühe, meine Ängste zu überwinden…
Oft schon habe ich versucht, durch das Gebet, davon loszukommen. Oder in der Nähe meines Wohnortes zur Kirche zu gehen, um zu beichten, aber die Angst und das Unbehagen sind immer zurückgekehrt und haben mich von den guten Vorsätzen abgebracht…mich entmutigt…
Glauben Sie, ich sollte mich einer Psychotherapie unterziehen? Wenn man bedenkt, dass ich mir allein, nach anderthalb Jahren und all dem Gebet nicht helfen konnte … Dazu habe ich zwar keine Lust, aber wenn es sein muss …
Dann frage ich mich, wieso, je näher man dem Glauben kommt, desto ӧfter man Momente der Prüfung erlebt? Nicht, dass es mir im Leben an Prüfungen gemangelt hätte …
Weil ich jene Sünde gebeichtet habe, hat mir Gott vergeben. Aber warum ist der Schmerz immer noch so stark, als hätte das Ereignis gerade erst erlitten? Es sind 5 Jahre vergangen und ich habe mir immer noch nicht verziehen, ich schaffe es nicht und ich quäle mich weiter mit Selbstvorwürfen herum…
Was soll ich bloß tun? Ich verstehe gar nichts mehr …
Es tut mir leid, Ihnen eine so lange E-Mail geschrieben zu haben. Ich hoffe, Sie nicht zu stören.
Darf ich Sie bitten, meine E-Mail nicht zu veröffentlichen?
Ich danke Ihnen von Herzen für das, was Sie tun. Ich werde Sie in meine Gebete einschließen und bitte auch Sie, nach Möglichkeit, für mich zu beten.
Mӧge Gott Sie segnen.
Antwort des Priesters
Liebe Besucherin,
1. ich verstehe deinen Schmerz wegen der durchgeführten Abtreibung und auch die Folgen, die sie in deinem Leben hinterlassen hat.
Es wäre schӧn, wenn man nach der Beichte alles vergessen kӧnnte.
Es ist aber nicht so.
Man muss sich ewig mit seinen Ängsten und vor allem Schuldgefühlen auseinandersetzen.
Wie du selbst sagst, ist es fünf Jahre her und du hast dir noch immer nicht verziehen.
2. Laut Statistik können Frauen, die abgetrieben haben, sich nicht vergeben.
Das ist Tatsache. Wahrscheinlich ist das der Grund ihrer Verzweiflung und Ängste.
3. Aber gerade die Vergebung Gottes in der sakramentalen Beichte ist dabei am trӧstlichsten.
Dies ist einer der schӧnsten Züge der Zärtlichkeit Gottes uns gegenüber.
Wir erkennen, dass wir seiner Vergebung nicht würdig sind, wir vergeben uns nicht und schaffen es nicht, uns selbst zu vergeben.
Aber was vor allem zählt ist Seine Vergebung, für die er uns am Ende unserer Tage sagen wird: “Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!” (Mt. 25,21)
4. Kӧnnte dein Kind sprechen, würde es dir sagen, was der Hl. Ludwig Gonzaga seiner Mutter geschrieben hat, nachdem er sich bereits eine tödliche Krankheit zugezogen hatte: “Hüte dich davor, die unendliche göttliche Güte zu beleidigen, solche als Tote zu beweinen, die im Angesicht Gottes leben und mit ihrer Fürsprache deinen Bedürfnissen viel mehr entgegenkommen können als in diesem Leben.
Die Trennung wird nicht ewig dauern.
Wir werden uns im Himmel wiedersehen und zusammen mit dem Schӧpfer unserer Rettung unsterbliche Freuden genießen, Ihn von ganzer Seele preisen und endlos seine Gnaden singen.
Er nimmt uns das weg, was Er uns zuvor gegeben hat, nur um es an einen sichereren und unantastbareren Ort aufzubewahren und um uns mit den Gütern zu beschmücken, die wir selbst wählen würden”.
Dein Kind würde dir auch sagen: “Beweine nicht als Toten den, der bei Gott lebt. Er hat mir weggenommen, was Er mir zuvor gegeben hatte, um es an einem sichereren und unantastbareren Ort aufzubewahren”.
5. Die beste Wirkung der Vergebung Gottes kannst du gerade deiner Bekehrung entnehmen. Du konntest deine Erste Kommunion empfangen. Vorher hast du zurecht gebeichtet. Deshalb hast du auch die einmalige Kostbarkeit der Beichte wahrgenommen.
Du hast begonnen, dich mit dem Gesetz Gottes vertraut zu machen und in Seinen Wegen zu wandeln. Du betest fast täglich den Hl. Rosenkranz.
Du hast eine sehr liebevolle Mutter gefunden, die dir immer antwortet und dich nie bestraft, die himmlische Mutter. Und mit Ihr hast du die Gemeinschaft der Heiligen kennengelernt.
Daher bist du zu neuem Leben erwacht und verstehst, dass der wirkliche Tod nicht der des Leibes ist, sondern der des gottlosen Menschen.
Jetzt verstehst du, was der Hl. Augustinus meinte, als er behauptete “so wie die Seele das Leben des Leibes ist, so ist Gott das Leben der Seele”.
Ohne die Seele, das heißt ohne das Lebensprinzip, ist unser Körper eine Leiche.
Wenn wir Gott nicht in unserer Seele haben, können wir auch bis ans Ende der Welt gehen und die Wollüste des Fleisches ausschweifend genießen, aber im Inneren ist die Leere und Verzweiflung, die ein Körper erleidet, wenn die Seele ihn nicht mehr belebt.
Dagegen bist du jetzt innerlich lebendig, weil mittlerweile durch die Gnade Gott deine Seele bewohnt: du kannst dich erheben und dich mit Gott vereinen, wie und wann du willst, und du fühlst, dass Seine Anwesenheit dein Herz erfüllt, sie dringt sanft in ihm ein.
Und du fühlst auch, dass die ganze Gemeinschaft der Heiligen mit Ihm ist, einschließlich deines Kindes, das in deinem Herzen ist, nicht um dir Vorwürfe zu machen, sondern um dir zu sagen, dass es bei Gott ist, für dich eintritt und darauf wartet, dich für ewig zu umarmen.
6. Also mach so weiter, auch wenn du noch die innere Wunde der Abtreibung verspürst.
Aus jenem Tod bist auch du zu neuem Leben erwacht.
Vielleicht wärst du noch nicht soweit gekommen, wäre nicht dieses Drama passiert.
Jetzt kannst du selbst die Allmacht Gottes berühren, die voller Liebe ist, eine Allmacht, die selbst das tragischste Übel zulässt, um daraus etwas überaus Größeres zu schöpfen.
Ich segne dich, wünsche dir alles Gute und schließe dich zusammen mit deinem Kind in mein Gebet ein.
Pater Angelo