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Frage

Liebster Pater,

ich habe Zweifel an der Erbsünde.

Heutzutage wird auch in Betracht gezogen, wie die wissenschaftlichen Entdeckungen den Monogenismus und den Zustand vor der Erbsünde begründen.

Wenn man diese Dinge so deutet, neigt man dann nicht dazu, die Menschwerdung als eine Flickarbeit und die Erlösung von einem hamartiozentrischen Standpunkt aus zu betrachten?

Als ob die Sünde schwerer wäre als das Geschenk der Gnade.

Wie kann sich die Sünde über Generationen hinaus ausbreiten?

Ich warte gespannt auf Ihre Antwort.

Danke

Francesco


Antwort des Priesters

Lieber Francesco,

1. Im Katechismus der Katholischen Kirche ist die genaue Lehre über die Erbsünde und über die Zwecke der Menschwerdung Christi aufgezeichnet.

2. Doch außer dem Katechismus der Katholischen Kirche sollte man bedenken, was die göttliche Offenbarung darüber aussagt, insofern sie die eigentliche Grundlage und den Inhalt der Kirchenlehre darstellt.

Ich zitiere dir mal eben zwei grundlegende Texte, die du nicht ignorieren solltest.

Im ersten nennt der Engel Josef den Grund der Menschwerdung: “denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen”. (Mt 1,21)

Wenn du aus diesem Text abstrahieren willst, kannst du damit vielleicht gute Reden halten, die aber unzureichend auf die Heilige Schrift basieren, was als Grundlage der Beweisführung gilt.

Der zweite Text ist zwei Behauptungen entnommen, die sich im ersten Brief des Johannes befinden: der nachfolgende: “Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt” (1.Joh 2,2).

Und dann: “Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.” (1.Joh. 4,10).

3. Dies vorangestellt, können wir uns jetzt fragen, ob die Menschwerdung eine Flickarbeit ist.

Nun wird das übernatürliche Ereignis der Menschwerdung nirgendwo in der Heiligen Schrift mit einem so ungehobelten Wort – entschuldige den Ausdruck – vorgestellt.

Auch nur der Gedanke daran klingt herabwürdigend: Gott der ausflickt!  

Die von der menschlichen Phantasie geschaffenen heidnischen Götter der griechischen und römischen Mythologie benahmen sich vielleicht auf derartige Weise.  

4. Im Katechismus der Katholischen Kirche drückt sich die, auf der göttlichen Offenbarung beruhende, vom “Sensus fidei” und theologischen Scharfsinn der Heiligen Väter und Schriftgelehrten vertiefte Kirchenlehre, allerdings folgendermaßen aus:

«Aber warum hat Gott den ersten Menschen nicht daran gehindert, zu sündigen?

Der hl. Leo der Große antwortet: ,,Wertvoller ist das, was uns durch die unbeschreibliche Gnade des Herrn zuteil wurde, als was wir durch des Teufels Neid verloren hatten“ (serm. 73,4).

Und der hl. Thomas von Aquin: ,,Auch nach der Sünde blieb die Möglichkeit einer Höherführung der Natur.

Gott läßt ja das Böse nur zu, um etwas Besseres daraus entspringen zu lassen:,Wo die Sünde mächtig wurde, ist die Gnade übergroß geworden‘ (Röm 5,20).

Darum wird bei der Weihe der Osterkerze gesungen: ,O glückliche Schuld, die einen solchen großen Erlöser zu haben verdient hat!“‘ (s.th.3,1,3 ad 3). » (KKK 412).

5. Mittelpunkt der Erlösung ist nicht die Sünde, sondern Gott, Jesus Christus, gekreuzigt und auferstanden. Mittelpunkt sind seine Barmherzigkeit und seine Gnade.

Aber dies alles wäre für uns außerhalb der Erfahrung der Sünde nicht nachvollziehbar.

Du behauptest, dass die Erlösung nicht von einem hamartiozentrischen Standpunkt aus betrachtet werden sollte (Klarstellung für unsere Besucher: aus einer Sicht, die die Sünde in den Mittelpunkt stellt; auf Griechisch nennt man die Sünde Hamartìa).  

Aber wenn man die Erlösung als Freikauf betrachtet, stellt sich die Frage: Freikauf wovon?

Freikauf von den Sünden, die uns unter den Einfluss des Teufels stellen.

Es ist schon klar, dass es sich nicht nur um Freikauf von der Sünde und vom Teufel handelt.

Es geht vielmehr um den Freikauf eines noch höheren Zweckes als den der Erschaffung an sich selbst.

Das ist der Grund, warum die Erlösung keine Flickarbeit ist.

Auf jeden Fall steht fest, dass die Realität der Sünde vom selben Begriff der Erlösung nicht beseitigbar ist.

6. Letztendlich ist interessant zu lesen, wie sich der Katechismus der Katholischen Kirche zum Thema Weitergabe der Erbsünde äußert:

«Die Weitergabe der Erbsünde ist jedoch ein Geheimnis, das wir nicht völlig verstehen können.

Durch die Offenbarung wissen wir aber, dass Adam die ursprüngliche Heiligkeit und Gerechtigkeit nicht für sich allein erhalten hatte, sondern für die ganze Menschennatur. Indem Adam und Eva dem Versucher nachgeben, begehen sie eine persönliche Sünde, aber diese Sünde trifft die Menschennatur, die sie in der Folge im gefallenen Zustand weitergeben.

Sie ist eine Sünde, die durch Fortpflanzung an die ganze Menschheit weitergegeben wird, nämlich durch die Weitergabe einer menschlichen Natur, die der ursprünglichen Heiligkeit und Gerechtigkeit ermangelt.

Deswegen ist die Erbsünde ,,Sünde“ in einem übertragenen Sinn: Sie ist eine Sünde, die man ,,miterhalten“, nicht aber begangen hat, ein Zustand, keine Tat. » (KKK 404).

7. Ich unterstreiche den Ausdruck des KKK «ein Geheimnis, das wir nicht völlig verstehen können».

Es ist sehr wichtig, das zu berücksichtigen. Wir befinden uns im Bereich des Glaubens, der Gegenstände “Dinge, die man nicht sieht” sind. (Hebr. 11,1).

Wir haben die Gewissheit über diese Wahrheit, weil Gott selbst sie uns offenbart und “wer an den Sohn Gottes glaubt, trägt das Zeugnis in sich”. (1 Joh 5,10)

Allerdings bleibt immer ein Schattenbereich, auch nachdem jeder Widerspruch innerhalb des Glaubens beseitigt worden ist, sodass man sich gegenseitig und mit Gott an der Hand halten muss.

Ich wünsche dir Gottes Wohlgefälligkeit, um dich von Ihm leiten zu lassen, versichere dir mein Gebet und segne dich.

Pater Angelo