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Frage
Lieber Pater Angelo,
ich bräuchte eine Erklärung zu einer Passage aus dem Evangelium, die ich nicht gut verstehe. Die Rede ist von der Passage, in der Jesus von den berühmten Antithesen spricht: Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist / ich aber sage euch.
Der Teil, der mir die meisten Zweifel und Verwirrung bereitet, ist Matthäus 5:25.
Ich möchte vorausschicken, dass es in diesem Leben nicht einfach ist, mit allen auszukommen, und selbst wenn ich versuche, in Frieden mit meinen Brüdern und Schwestern zu leben, gibt es immer jemanden, der mich vielleicht nicht mag und der einen Groll gegen mich hegt und mich aus Gründen, die nur er kennt, hasst, obwohl ich ihm zu verstehen gegeben habe, dass ich nur Gutes und nichts Böses will.
Und wenn mich diese Person trotz meiner Bemühungen weiterhin hasst, muss ich damit rechnen, für immer ins Gefängnis geworfen zu werden?
Ich bete für diejenigen, die mich hassen, und ich bitte um Vergebung für den Schaden, den sie mir zufügen, aber vor allem bete ich, dass sie nicht wegen mir ins Fegefeuer kommen.
Das Schwierigste für mich in diesem Leben ist zu lernen, was Nächstenliebe ist, und manchmal denke ich mir, dass sie das Tor zum Reich Gottes ist. Vielleicht schaffen es nur die Heiligen, sie in die Tat umzusetzen.
Ich bitte um Ihr Gebet, damit ich lernen kann, meinen Nächsten zu lieben, wie Jesus es will.
Ich verfolge immer Ihre interessante Kolumne und finde Ihre Antworten sehr lehrreich.
Mit freundlichen Grüßen
Elvira
Antwort des Priesters
Liebe Elvira,
1. es ist wahr: die Nächstenliebe, besser gesagt, allein die Nächstenliebe, ist das Tor zum Reich Gottes.
Um Zweifel auszuräumen, sei gesagt, dass Nächstenliebe bedeutet, mit dem Herzen Gottes zu lieben, wie Jesus uns in der Bergpredigt gelehrt hat: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.
Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner?
Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden?
Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!” (Mt 5,43-48).
2. Aber kommen wir zu dem Vers, auf den du mich hingewiesen hast.
Hier sagt Jesus: “Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und du wirst ins Gefängnis geworfen. Amen, ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast” (Mt 5,26).
3. Der heilige Hilarius kommentiert: “Da der Herr keinen einzigen Moment unseres Lebens ohne friedliche Gefühle der brüderlichen Liebe sehen möchte, befiehlt er uns, die Versöhnung während des Lebenswegs nicht zu lange hinauszuzögern, damit wir nicht im Moment des Todes ankommen, ohne Frieden geschlossen zu haben; deswegen sagt er: Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen”.
4. Der heilige Augustinus legt einen kuriosen Kommentar ab, denn er sieht in unserem Widersacher vor allem den Teufel und stellt sich die Frage: “Aber ich verstehe nicht, in welchem Sinne wir wohlwollend oder mit dem Teufel in Einklang sein müssten: wo Wohlwollen ist, da ist nämlich Freundschaft, und niemand wird sagen, dass man sich mit dem Teufel anfreunden muss. So hilft es auch niemandem, sich mit dem anzufreunden, dem wir durch den Verzicht ein für alle Mal den Krieg erklärt haben. Wir sollten auch nicht dem zustimmen, der uns in diese Erbärmlichkeit gestürzt hat, weil wir auf ihn gehört haben” (De Sermone Domini 1,11).
5. Ebenso einzigartig ist der Kommentar des Hl. Hieronymus: “Einige sagen jedoch, dass der Erretter uns vorgeschrieben hat, wohlwollend zum Teufel zu sein, das heißt, seine Übel nicht zu verschlimmern, was hingegen jedes Mal passiert, wenn wir seinen Versuchungen nachgeben.
Andere sind vorsichtiger, indem sie sagen, dass jeder von uns in der Taufe einen Vertrag abschließt, kraft dessen wir uns von Satan abwenden. Indem wir diesem Pakt treu bleiben, sind wir wohlwollend gegenüber dem Widersacher, und werden nicht ins Gefängnis geworfen”.
6. Wie uns der heilige Thomas erinnert, müssen bei Sündern zwei Dinge berücksichtigt werden: Natur und Schuld. Die Sünder sind von Natur aus, die sie von Gott empfangen haben, der Glückseligkeit fähig, auf deren Teilhabe die Nächstenliebe gründet. Daher müssen sie ihrer Natur nach, kraft der heiligen Liebe, geliebt werden.
Stattdessen steht ihre Schuld im Gegensatz zu Gott und ist ein Hindernis für die Seligkeit. Darum sind alle Sünder zu hassen für die Schuld, mit der sie sich Gott widersetzen … Denn in den Sündern sollen wir hassen, dass sie Sünder sind, und lieben, dass sie der Seligkeit fähige Menschen sind. Und das bedeutet, sie wirklich in heiliger Liebe für Gott zu lieben” (Summe der Theologie, II-II, 25, 6).
Und weiter: “Wir müssen die Sünder mit Nächstenliebe lieben, nicht indem wir wollen, was sie wollen, oder sich an den Dingen erfreuen, die sie genießen, sondern damit sie das wollen, was wir wollen, und das genießen, was wir genießen“ (Ib., ad 4), das heißt die Freundschaft mit Gott.
7. Das heißt im Konkreten – selbst wenn eine echte Versöhnung nicht möglich ist – müssen wir unsererseits jede Art böser Schadenlust gegenüber unserem Nächsten, der uns beleidigt hat, beseitigen.
Und es bedarf des Gebets, dass dieser unser Nächster sein Übel erkennt und zur Versöhnung bereit ist.
Auch das ist Nächstenliebe.
8. Es ist außerdem notwendig, die üblichen Grußworte auszutauschen, wie es normalerweise unter Menschen, die sich kennen, gebräuchlich ist.
Der heilige Thomas schreibt: „Es ist notwendig, äußere Zeichen der Feindesliebe zu geben. Dergleichen Werke und Zeichen müssen mit Notwendigkeit auch den Feinden gegenüber geschehen.
Das Gegenteil wäre Rache, wogegen Lev. 19 es heißt: “Sinne nicht auf Rache; sei nicht eingedenk des dir vom Nächsten angetanenen Unrechts” (Summe der Theologie, II-II, 25, 9).
9. Andererseits ist es nicht unbedingt erforderlich, Feinden besondere Zeichen der Zuneigung zu zeigen, sondern „es genügt die innere Bereitwilligkeit, ihnen zu helfen, wenn sie sich in Not befinden. In Prov. 25 steht: “Wenn dein Feind hungert, speise ihn” (Lv 25,21).
Was außerhalb eines solchen Falles der Notwendigkeit steht, gehört zur vollendeten Liebe, wozu keiner verpflichtet ist. Durch solche Liebe hütet sich nicht nur der Betreffende, sich selber vom Bösen überwinden zu lassen, sondern er überwindet im Guten das Böse, er versucht den Feind durch Wohltaten zu seiner Liebe zu ziehen” (Ib.).
Ich wünsche dir, dass du dich am Tag des Gerichts so vor dem Herrn wiederfindest, gedenke deiner im Gebet und segne dich.
Pater Angelo