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Frage
Guten Tag Pater Angelo,
ich heiße Samuel, bin 19 Jahre alt und vor ein paar Jahren der evangelischen Kirche beigetreten. Obwohl ich anfangs sehr begeistert war, da ich dachte, den Heiligen Geist empfangen zu haben, sind dann die Zweifel meines vergangenen gottlosen Lebens zurückgekehrt. Mir wurde klar, dass ich das Haus nicht auf den Felsen gebaut hatte und deshalb nicht im Glauben verwurzelt war.
Obwohl ich kein Katholik bin, mӧchte ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen, weil ich die Vollständigkeit Ihrer Antworten sehr zu schätzen weiß.
Ich verteile die Fragen auf mehrere E-mails, hier gleich die erste Frage: warum greift Gott nicht ein, um zu helfen?
Lassen Sie es mich etwas näher erklären.
Neulich las ich die Zeugenaussage einer Person, die im Alter von 8 Jahren sexuell missbraucht worden ist und dessen Leben infolgedessen ruiniert wurde. In den darauffolgenden Jahren wurde sie drogenabhängig, hat mehrfach versucht, Selbstmord zu begehen und wurde wegen Schizophrenie ins Krankenhaus eingeliefert.
In den ersten Jahren meines Theologiestudiums habe ich vom zoroastrischen und manichäischen Dualismus gelesen, wonach es zwei Gottheiten gibt, die in ständigem Gegensatz zueinander stehen. Jeder der beiden wird daher durch die Gegenwart des anderen begrenzt, was die Nichteinmischung des guten Gottes rechtfertigt, wobei ich anfangs dachte, es sei gute Theologie.
Aber im Christentum gibt es einen einzigen, allmächtigen, allwissenden und allgegenwärtigen Gott, Der nicht begrenzt werden kann. Satan war seit jeher ein Untertan von Ihm und hat keine Mӧglichkeit, gegen Gott zu gewinnen. Wenn es aber wirklich so ist, warum schreitet Gott dann nicht einmal ein, um ein Kind vor Gewalt zu retten?
Persӧnlich kommt mir ein Gott mit diesen drei Eigenschaften wie ein Polizist vor, also mit der Autoritätsfähigkeit, Kriminelle zu stoppen, und mit der Befugnis, immer, zu jeder Zeit, an jedem Ort und erfolgreich eingreifen zu können.
Dennoch gibt es Vergewaltigungen, demzufolge man meinen könnte, wir glauben an einen Gott, der selbstlos eine Vergewaltigung genehmigt, obwohl Er die Mӧglichkeit hätte, sie zu verhindern. Aber Er tut es nicht.
Warum tötet Gott diese Verbrecher nicht, so wie in der Bibel? Hananias und Saphira, Sodom und Gomorra, die Sintflut und Onan sind nur die bekanntesten Beispiele seiner „Hinrichtungen“, warum kommen sie nicht mehr vor?
Mir wurde gesagt, dass Er nicht handeln kann, weil der freie Wille eines Jeden wichtiger ist, und Gott sich nicht einmal erlaubt, Kriminelle aufzuhalten. Damit gerät Er aber in Widerspruch, denn der freie Wille des Opfers wird durch den Kriminellen verletzt (in der Bibel greift Gott außerdem sehr oft ein).
Ist es wirklich besser, bei einer Vergewaltigung einfach nur dazustehen, ohne einzugreifen? Wenn Gott es nicht einmal tut, warum sollte ich es tun? Viele haben mir gesagt, dass es eine Frage des freien Willens ist, aber ich kann es nicht als vernünftige Antwort akzeptieren und wenn es wirklich so sein sollte, glaube ich, nicht mehr zu Ihm beten zu können.
Man kann erwidern, dass auch Jesus und die Aposteln grausame Verurteilungen erlitten haben, und wir daher nicht das Recht haben, uns zu beschweren.
Ist unser Gott nicht der Lebendige Gott? Der eingreift? Der die Gebete erhӧrt?
Ich hoffe, dass Sie mir ausführlich und durch Zitate aus der Bibel antworten werden.
Ich danke Ihnen.
Freundliche Grüße
Antwort des Priesters
Lieber Samuel,
auch bei dir entschuldige ich mich zunächst für die lange Verzӧgerung, mit der ich deine E-Mail beantworte.
1. Auf deine Frage: “warum schreitet Gott nicht ein, um zu helfen, vor allem wer Gewalt ausgesetzt ist?” antworte ich: doch, Gott greift schon ein, nur tut Er es auf Seine Weise.
2. Gottes Art einzugreifen ist nicht wie es sich die Heiden vorstellten, wie ein deus ex machina.
Wäre es so, würde Gott in die menschlichen Angelegenheiten wie ein Puppenspieler eingreifen, der seine Puppen beliebig bewegt.
Täte Er dies, wie viele Einwände würden wir gegen Ihn erheben! Wir würden Ihm vorwerfen, den Menschen frei und verantwortungsvoll erschaffen zu haben, und Ihn aber gleichzeitig auffordern: “Mach, was du willst!”.
3. Normalerweise greift Gott durch Anregungen, Inspirationen, Ermahnungen, ein.
Er tut dies aus dem Innern unseres Gewissens. Jeder kann Seine Stimme hӧren, die dazu auffordert, das Gute zu tun und das Bӧse zu unterlassen.
In seinen Grundprinzipien kann niemand das Gewissen zerstören. Es ist unbestechlich.
4. Des Weiteren greift Gott ein, indem Er eine übernatürliche Kraft anbietet, die heiligmachende Gnade.
Diese Kraft ist wie ein Licht, das diejenigen im Dunkeln eines Zimmers dazu bringt, das Fenster aufzureißen. Durch ein paar Strahlen versucht die Gnade durchzudringen und sich erkenntlich zu machen. Und auch wenn ihr von innen Widerstand geleistet wird, gibt sie trotzdem nicht auf.
Sie ӧffnet aber das Fenster nicht wie durch einen heftigen Stoß von außen, denn man kann es nur von innen ӧffnen.
Das sind nur ein paar Beispiele, die aber verstehen lassen, wie Gott eingreift.
5. Gleichzeitig ist der allmächtige und allgegenwärtige Gott aber auch kein passiver Zuschauer, sondern der Eine, der uns gütig und mit unermüdlicher Liebe durch die Stimme des Gewissens belehrt und durch die Gnade beisteht.
Du hast betont, dass Gott allwissend und allgegenwärtig ist, aber du hast vergessen, dass Gott im Wesentlichen Liebe ist. Durch die Kraft Seiner Liebe, die Er nie aufgibt, ist Er allgegenwärtig und allwissend. Deshalb schreitet Gott auf Seine Weise unaufhörlich ein.
6. Du erwiderst, dass Gott manchmal eingegriffen hat, wie im Fall von Sodom und Gomorra, den beiden Städten, die durch einen Sturm aus Feuer und Schwefel zerstört wurden, oder wie im Fall von Hananias und Saphira, die auf der Stelle starben, als der Hl. Petrus sagte: “Dein Silber fahre mit dir ins Verderben”.
Diese beiden Beispiele sind aber nicht als Eingriff Gottes zu verstehen, der diese Menschen mit dem Tod bestrafen wollte, sondern im Zusammenhang von Menschen, die die Erleuchtung und Hilfe Gottes abgelehnt haben und sich gleichzeitig in die Hände ihres Widersachers begaben.
Jesus warnte uns vor diesem Widersacher. Er sagte, wenn er kommt, kommt er, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten (vgl. Joh 10,10). Und gerade in den von dir erwähnten Fällen, haben wir eine erschreckende Demonstration von Satans Handeln.
Die Worte des Hl. Petrus an Hananias und Saphira verursachten nicht den Tod, sondern sie zeigten äußerlich, was bereits in ihren Seelen passiert war.
In Anwesenheit des Hl. Petrus erledigte Satan auch den Rest in ihrem Kӧrper.
7. Ähnlicherweise ließ Gott die Menschen zur Zeit der Sintflut oder die Bewohner von Sodom und Gomorra nicht handeln, ohne einen Finger zu rühren. Im Heiligen Text steht geschrieben, dass Gott “in den Tagen Noahs geduldig wartete” (1 Petr.. 3,20).
Dieses “geduldig warten” äußert die ganze Sorge Gottes diesen Menschen gegenüber, die sich jedoch weigerten zu glauben. (vgl. 1 Petr. 3,20).
8. Natürlich hätten wir es alle vorgezogen, wenn Gott eine Welt geschaffen hätte, in die das Böse uneindringlich ist.
Stattdessen hat Er es zugelassen.
Zu diesem Thema teilt die Kirche das Denken des Hl. Augustinus, der schreibt: “Da Gott überaus gut ist, würde Gott niemals zulassen, dass in Seinen Werken etwas Böses existiert, wenn Er nicht mächtig und gut genug wäre, um selbst aus dem Bösen Gutes zu ziehen” (Enchiridion de fide, spe et caritate, 11,3).
9. Du hast den Tod Christi erwähnt.
Nun, genau dies war das größte aller Übel, das je in der Geschichte stattgefunden hat: die Ablehnung und Tötung des Sohnes Gottes.
Aber sind nicht alle Gaben der Erlӧsung (die Bekehrung der Herzen, die Vergebung der Sünden, die Institution der Kirche, die Heiligung der Menschen, die Auferstehung des Fleisches, die Öffnung des Paradieses…) gerade aufgrund der Sünde entstanden?
Während Menschen durch die Kreuzigung Christi das schwerste Übel fortsetzten, verwandelte Jesus Christus sein Leiden in ein Erlӧsungsopfer, das der Menschheit noch hӧhere Güter erbrachte.
10. Obwohl wir all dies anerkennen, können wir manchmal nicht verstehen, was das Gute ist, das Gott aus bestimmten Verbrechen zieht. Wie du einwendest, haben wir den Eindruck, dass sie zu noch schlimmeren Tragӧdien führen.
Ja, das stimmt, aber Gott versichert uns, dass, wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden (vgl. Röm 5,20).
Bisher ist uns nicht die Möglichkeit gegeben, zu wissen, auf welche Weise Er dies geschehen lässt.
Aber die Allmacht und Liebe Gottes garantieren uns, dass es so ist.
Wenn der Schleier von unserem Geist entfernt wird, werden wir in der Lage sein, alle Geheimnisse der Geschichte zu kennen und werden von ihrer geheimnisvollen und kontinuierlichen Wirkung erstaunt sein.
Vorerst bleibt uns Gottes Handeln, trotz der soliden Gewissheiten, die sich aus dem Glauben ergeben, größtenteils noch verborgen.
Und deshalb ist das Bӧse für viele Grund für Skandal.
Ich wünsche dir alles Gute, schließe dich in mein Gebet ein und segne dich.
Pater Angelo
Fußnote des Webmasters: die Frage wurde einige Tage zuvor unter folgendem Link gestellt https://www.amicidomenicani.it/perche-dio-non-interviene-per-aiutare/.. Heute ist eine weitere Frage verӧffentlicht worden, während dieses Duplikat belassen wurde, da es bereits in vielen sozialen Netzwerken vorhanden ist und auf vielen Plattformen veröffentlicht wurde. Ich entschuldige mich für das Versehen und bedanke mich bei den Besuchern, die mit ihrer üblichen Geduld und Zuneigung den Fehler gemeldet haben.