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Frage
Lieber Pater Angelo,
ich habe eine Überlegung angestellt: Der heilige Johannes vom Kreuz sagte, dass wir am Ende unseres Lebens nach der Liebe zu unserem Nächsten beurteilt werden.
Auch im Matthäus-Evangelium, Kapitel 25, heißt es, dass wir nach der Nächstenliebe beurteilt werden.
Ich frage mich: Zumindest theoretisch gesehen, wenn eine Person also andern gegenüber Gutes tut (aus reinem Selbstzweck und nicht mit dem doppelten Zweck des persönlichen Gewinns oder des sozialen Ansehens) aber nicht die heilige Messe besucht und auch nicht betet, wird diese Person dann trotzdem gerettet?
Ich kenne viele gute Menschen, die sich bemühen, in ihrem Leben Gutes zu tun, die sich sogar ehrenamtlich in verschiedenen sozialen Bereichen engagieren, die aber nicht in die Kirche gehen, weil sie nicht daran interessiert sind oder nur einen oberflächlichen Glauben haben. Sogenannte ’nicht praktizierende Christen‘.
Ich frage mich also, ob ihre Werke verdienstvoll sind oder ob diese, dadurch, dass sie nicht zur Messe gehen, ungültig werden, weil sie logischerweise das dritte Gebot nicht erfüllen.
Wenn ich mich nicht irre, betrachtet die Kirche gute Werke, die im Zustand der Todsünde getan werden, als nicht verdienstvoll.
(Was mir etwas übertrieben erscheint, denn wenn das der Fall wäre, könnten wir in Anbetracht der heutigen Welt, wo nur sehr wenige den Gottesdienst besuchen, sagen, dass 90 % der Menschen in der Welt in die Hölle kommen).
Ich will diese Menschen nicht verurteilen, aber ich hätte gerne etwas Klarheit in dieser Angelegenheit.
Antwort des Priesters
Lieber Besucher,
- Ja, am Ende unseres Lebens werden wir nach unserer Nächstenliebe beurteilt. Das ist richtig.
Wir müssen bedenken, dass die Nächstenliebe zwei Gebote umfasst: die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten.
Es gibt also nicht nur die Nächstenliebe, sondern vor allem die Liebe zu Gott. Sie ist das wichtigste Gebot, weil sie die Nächstenliebe aufrechterhält. - Außerdem bedeutet Nächstenliebe nicht einfach Philanthropie, die auch von einem Atheisten ausgeübt werden kann.
Nächstenliebe ist eine Liebe, die immer zu Gott führt, auch wenn man seinen Nächsten liebt.
Nächstenliebe ist Liebe, sagt der heilige Thomas, aber nicht jede Liebe ist Nächstenliebe. - Was ist also Nächstenliebe?
Unter Nächstenliebe versteht man die Art und Weise, wie Gott liebt.
Als die heiligen Schriftsteller von Gottes Art zu lieben sprechen wollten, fanden sie im griechischen Wortschatz kein passendes Wort.
Sie prägten ein neues Wort. Und dieses Wort ist im Griechischen „agàpe“.
Mit der Nächstenliebe ist also Gottes eigene Art zu lieben gemeint und auch die Art zu lieben derer, denen Gott diese Gabe gegeben hat.
Dass Gottes Art zu lieben den Menschen geschenkt worden ist, bezeugt die Heilige Schrift deutlich, insbesondere der heilige Paulus, wenn er sagt: „Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5). - Man fragt sich, wie diese heilige Liebe aussieht.
Man könnte vieles sagen, aber es lässt sich auf eine Aussage reduzieren: Gott liebt uns so, dass Er das größte Gut für uns will, nämlich sich selbst.
Wir lieben also unseren Nächsten, wenn wir ihm, außer den anderen Gütern, vor allem Gott wünschen.
Deshalb sagt der heilige Thomas: „Der formale Gesichtspunkt der Liebe zum Nächsten ist Gott. Dies nämlich sollen wir im Nächsten lieben, dass er in Gott ist. Also ist es dem inneren Wesenscharakter nach ein und derselbe Akt, Kraft dessen Gott und Kraft dessen der Nächste geliebt wird.“ (Summa Theologica, II-II, 25, 1).
Und weiter: „Der Nächste wird mit der heiligen Liebe geliebt, weil Gott in ihm lebt und damit Gott in ihm lebt. Folglich ist es klar, dass wir mit demselben Akt der Nächstenliebe Gott und den Nächsten lieben.
Würden wir aber unseren Nächsten um seiner selbst willen und nicht aus Liebe zu Gott lieben, so würde unsere Liebe einer anderen Ordnung angehören: zum Beispiel der natürlichen oder politischen Liebe“ (Quaest. disp. de caritate, a. 4).
Den Nächsten mit der heiligen Liebe zu lieben bedeutet also, ihm das übernatürliche Gut zu wünschen: dass er an Gott als seinem letzten Ziel festhalte und in ihm verankert sei, ihn besitze, liebe und sich seiner Gesellschaft für immer erfreue. - Wie du siehst, ist Nächstenliebe etwas ganz anderes als Freiwilligenarbeit.
Freiwilligenarbeit ist eine gute Sache, aber sie ist immer noch eine natürliche Liebe.
Die Nächstenliebe hingegen ist eine Liebe übernatürlicher Art.
Deshalb sagt der heilige Thomas: „Nächstenliebe ist Liebe, aber nicht jede Liebe ist Nächstenliebe“.
Es reicht also nicht aus, freiwillige Arbeit zu leisten, um gerettet zu werden. Es ist notwendig, dies aus einer höheren Motivation heraus und in der Gnade Gottes zu tun. Dies wird in der Heiligen Schrift deutlich gesagt: „Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts” (1 Kor 13,3). - Jesus sagte: „Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen“ (Joh 15,4-6).
Wie wir sehen, ist es nicht die Kirche, die willkürlich sagt, dass Werke, die in Todsünde getan werden, kein ewiges Leben verdienen, sondern unser Herr selbst hat es gesagt.
Eines ist sicher: Ohne der heiligmachenden Gnade kommt man nicht ins Paradies, wie unser Herr über den Mann, der kein Hochzeitsgewand trug, deutlich gemacht hat: „Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: «Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hereingekommen?» Der aber blieb stumm. Da befahl der König seinen Dienern: «Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. Denn viele sind gerufen, wenige aber auserwählt»’“ (Mt 22,11-14). - Um zu verdeutlichen, wie die Nächstenliebe konkret aussieht, sei daran erinnert, dass sie in der Tat in der Einhaltung der 10 Gebote zum Ausdruck kommt.
Dem jungen Mann, der Jesus fragte, was er tun müsse, um das ewige Leben zu erlangen, antwortete Jesus: „Halte die Gebote“ (Mt 19,17).
Nun ist die freiwillige Übertretung der Gebote in schwerwiegenden Angelegenheiten eine schwere Sünde und führt dazu, dass man die Nächstenliebe verliert.
Wie du bereits bemerkt hast, ist auch die freiwillige Übertretung des dritten Gebots objektiv eine schwere Sünde und führt dazu, dass man die Nächstenliebe verliert, die das lebensspendende Prinzip der Gnade ist.
Im Jakobusbrief lesen wir: „Denn wer das ganze Gesetz hält, aber gegen ein einziges Gebot verstößt, der hat sich gegen alle verfehlt. Denn der gesagt hat: Du sollst nicht die Ehe brechen!, hat auch gesagt: Du sollst nicht töten! Wenn du nun nicht die Ehe brichst, aber tötest, bist du ein Übertreter des Gesetzes geworden“ (Jak 2,10-11).
Mit dem Wunsch, die Gebote vollständig zu befolgen und immer in der Gnade zu leben, segne ich dich und gedenke deiner im Gebet.
Pater Angelo