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Frage

Lieber Pater Angelo,


ich lese nun schon seit geraumer Zeit Ihre Antworten und möchte Ihnen meinen unendlichen Dank ausdrücken, für Ihre großartige Arbeit, die mir sehr zugute kommt.

Meine Frage betrifft die Errettung der Ungläubigen. Ich habe bereits einige Ihrer Antworten gelesen, habe da aber noch einige Zweifel. Auch in der göttlichen Komödie gibt es die Antwort des Adlers, der von den rechtschaffenen Geistern gebildet wird (Paradies, Gesang XIX, Verse 70 bis 148), aber anfangs heißt es:


103    Dann fuhr es fort: Es stieg zu diesem Reiche
104 Nie jemand auf, der nicht an Christum glaubte,
105 Sei’s eh‘ man ihn ans Holz schlug oder nachher

Wobei den Ungläubigen der Zugang zum Paradies vorenthalten bliebe; unmittelbar danach, in den Versen 106-111, scheint er das Gegenteil zu behaupten. Der Kommentator sagt, dass Dante die Lehre der „Fides implicita“ aufgreift, um die Rettung der Ungläubigen zu erklären. Worin genau besteht diese Lehre?

Die Stelle, die mir nicht klar ist: Wenn ein Mensch gutgläubig ist und Christus nicht kennt, sich aber nach den von Gott bestimmten Naturgesetzen verhält und sich aufrichtig seiner Religion widmet, dann kann er das ewige Heil erlangen, und das verstehe ich. Was aber, wenn die Person einem Missionar begegnet und sich nicht bekehrt? Oder wenn er Atheist ist? Dank der heutigen modernen Kommunikationsmittel fällt es mir schwer, zu glauben, jemand wisse nicht, wer Jesus Christus ist; was ist mit diesen Menschen? Was ist mit den Juden, die Jesus Christus nicht als ihren Erlöser anerkannt haben?
Das sind Fragen, die ich aufgrund meiner Unwissenheit nicht beantworten kann. Ich habe mich immer glücklich geschätzt, in einem katholischen Land geboren zu sein, weil ich von Geburt an die Möglichkeit hatte, die Wahrheit der katholischen Kirche kennenzulernen, ohne dass ich mir besondere Verdienste erworben hätte, aber ich habe mich immer gefragt, was wohl passiert wäre, wenn ich in Indien oder China geboren wäre.

Ich hoffe, Sie können mir eine Antwort auf diese Frage geben.

Ich danke Ihnen nochmals und bitte Sie, in Ihren Gebeten meiner und meiner Frau zu gedenken.


Giuseppe


Antwort des Priesters

Lieber Giuseppe, 


1. Die Heilige Schrift sagt ganz klar, dass man ohne Glauben nicht gerettet wird und Gott nicht gefallen kann.
Jesus sagt: “Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet ” (Joh 3,18; cfr. 3,36).
Und “Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden” (Mk 16,16).

2. Auch im Hebräerbrief heißt es: “Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer hinzutreten will zu Gott, muss glauben, dass er ist und dass er die, die ihn suchen, belohnen wird” (Hebr 11,6).
Der heilige Paulus begründet dies mehr oder weniger mit diesen Worten: Wie kann man sein Leben auf Gott ausrichten, wenn man Ihn nicht kennt?

Hier sind die genauen Worte des Apostels: “Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben?” (Röm 10,14).

3. Diesen Aussagen hat die Kirche die absolute Notwendigkeit des Glaubens zur Errettung entnommen.
Das Erste Vatikanische Konzil erklärt: “Denn da es ohne Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen und die Gemeinschaft seiner Kinder zu erlangen, kann niemand ohne Glauben gerechtfertigt werden, noch kann er das ewige Leben erlangen, wenn er nicht bis zum Ende standhaft bleibt  (Mt 10,22)“ (DS 3012).

Das Zweite Vatikanische Konzil spricht auch an vielen Stellen von der absoluten Notwendigkeit des Glaubens für das Heil, zum Beispiel: „Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten” (Lumen gentium 14).

4. Die theologische Begründung für diese Notwendigkeit beruht auf der spezifisch menschlichen Lebens- und Handlungsweise. Denn sobald der Mensch den Gebrauch der Vernunft erlangt hat und beginnt, verantwortlich, bewusst und frei zu leben, ist es für ihn unerlässlich, den wahren Sinn seines Lebens zu kennen, den Zweck, auf den er sein Handeln ausrichten soll.

Nun ist aber der letzte Endzweck, zu dem er von Gott bestimmt ist, nicht nur der seiner Natur und seinen Fähigkeiten entsprechende Zweck, den er aus eigener Kraft erkennen und verfolgen könnte, sondern es ist das übernatürliche, unentgeltliche und in keiner Weise unser Verdienst, was in der Teilhabe am Leben, an der Erkenntnis und an der Freundschaft mit Gott besteht.

Es ist ein Zweck, schreibt der heilige Thomas, den der Mensch nur durch Offenbarung kennen und nur durch übernatürlichen Glauben annehmen kann, wie ein Schüler, der es vom Lehramt Gottes lernt (per modum addiscentis a Deo doctore)“ (Summe der Theologie, II-II, 2, 3).

5. Aber nachdem der Grund für die Notwendigkeit des Glaubens geklärt ist, stellt sich nun die Frage: Was muss der Glaube beinhalten?

Wer getauft wird, muss ausdrücklich an den glauben, in den er eingepfropft werden will, nämlich an Jesus Christus, den fleischgewordenen Sohn Gottes.

Die Kirche lehrt also, dass es für den Empfang der Taufe notwendig ist, an Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist (die Heilige Dreifaltigkeit) zu glauben und an das, was der Sohn zu unserem Heil gewirkt hat: die Inkarnation, das Leiden, den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Jesu.

6. Andererseits müssen diejenigen, die die Heilsverkündigung noch nicht empfangen haben oder die in gutem Glauben handeln und überzeugt sind, dass die Religion, zu der sie sich bekennen, die wahre ist, zumindest einen impliziten Glauben an die soeben genannten Wahrheiten haben.

Dieser implizite Glaube ist derjenige, der hier im Hebräerbrief erwähnt wird: “Denn wer hinzutreten will zu Gott, muss glauben, dass er ist und dass er die, die ihn suchen, belohnen wird” (Hebr 11,6).
Diese Aussage verweist auf bestimmte Wahrheiten, die jeder ausdrücklich glauben muss, um sein Leben zu leiten und gerettet zu werden. Es handelt sich dabei um die ersten und grundlegenden Wahrheiten, die in keiner anderen höheren oder allgemeineren Wahrheit zusammengefasst werden können und daher implizit alle anderen enthalten. Aufgrund ihrer Eigenschaft gibt es kein Entkommen: Entweder man glaubt direkt und ausdrücklich an sie oder man glaubt überhaupt nicht an sie.

Alle müssen also zumindest dieses Minimum an Glauben besitzen, um gerettet zu werden.

7. Hier der Grund, den der heilige Thomas angibt: “Denn in dem göttlichen Wesen (Gott existiert) sind alle Dinge enthalten, von denen wir glauben, dass sie ewig in Gott existieren und in denen unsere Glückseligkeit besteht; und im Glauben an die Vorsehung (Er belohnt die, die ihn suchen) sind alle Mittel enthalten, die Gott zum Heil der Menschen einsetzt” (Summe der Theologie, II-II, 1, 7).
An andere Wahrheiten sind wir nicht verpflichtet zu glauben, es reicht aus, wenn man implizit und mit einer bestimmten Geisteshaltung daran glaubt.

8. Wenn wir von der Verkündigung des Heils sprechen, meinen wir nicht nur, dass wir einen Missionar predigen hören oder dass wir etwas über Jesus Christus und seine Kirche erfahren.

Heute weiß sicherlich jeder über Jesus Christus Bescheid.

Es geht nicht nur um die Ankündigung, sondern vielmehr um die innerliche Verkündigung, die nur durch den Heiligen Geist vollbracht werden kann.

Der heilige Thomas lehrt: “Wenn der Heilige Geist nicht in den Herzen der Zuhörer gegenwärtig ist, wird die Rede derer, die lehren, müßig sein, in dem Maße, wie der Sohn Gottes selbst mit seinem menschlichen Wort nicht wirksam wäre, würde Er nicht selbst innerlich durch den Heiligen Geist handeln” (Kommentar zum Evangelium des Heiligen Johannes, XIV,lez. 6, 6).

9. Bezüglich des Weges, den Gott benutzt, um alle zum minimalen Glauben für die Erlösung zu bringen, sagt das Zweite Vatikanische Konzil: „Wer nämlich das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem Herzen sucht, seinen im Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluß der Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil erlangen. Die göttliche Vorsehung verweigert auch denen das zum Heil Notwendige nicht, die ohne Schuld noch nicht zur ausdrücklichen Anerkennung Gottes gekommen sind, jedoch, nicht ohne die göttliche Gnade, ein rechtes Leben zu führen sich bemühen. Was sich nämlich an Gutem und Wahrem bei ihnen findet, wird von der Kirche als Vorbereitung für die Frohbotschaft und als Gabe dessen geschätzt, der jeden Menschen erleuchtet, damit er schließlich das Leben habe. Vom Bösen getäuscht, wurden freilich die Menschen oft eitel in ihren Gedanken, vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge und dienten der Schöpfung mehr als dem Schöpfer (vgl. Röm 1,21.25) oder sind, ohne Gott in dieser Welt lebend und sterbend, der äußersten Verzweiflung ausgesetzt. Daher ist die Kirche eifrig bestrebt, zur Ehre Gottes und zum Nutzen des Heils all dieser Menschen die Missionen zu fördern, eingedenk des Befehls des Herrn, der gesagt hat: „Predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Mk 16,15).

(Lumen gentium 16).

Des Weiteren: “Das gilt nicht nur für die Christgläubigen, sondern für alle Menschen guten Willens, in deren Herzen die Gnade unsichtbar wirkt. Da nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, daß der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein” (Gaudium et spes).

10. Das hat die Kirche schon immer geglaubt.

Schon der heilige Thomas sagte: „Da alle Menschen verpflichtet sind, bestimmte Wahrheiten ausdrücklich zu glauben, um gerettet zu werden, ist es für niemanden eine Unannehmlichkeit, im Wald oder unter wilden Tieren zu leben. Denn es ist Sache der göttlichen Vorsehung, einen jeden mit dem zu versorgen, was zum Heil notwendig ist, es sei denn, man verhindert es von sich aus. Wenn also ein nach der natürlichen Vernunft gebildeter Mensch sich so verhält, dass er das Gute übt und das Böse meidet, muss man davon ausgehen, dass Gott ihm durch innere Eingebung offenbart, was er unbedingt glauben muss, oder ihm einen Prediger des Glaubens schickt, wie er es bei Petrus und Kornelius getan hat (At 10,1 55)” (De Veritate, 14, 11, ad 1).

11. Bestehen bleibt das Problem der Atheisten.

Für diese ist die Heilige Schrift eindeutig und sagt, dass sie unentschuldbar sind: „Denn es ist ihnen offenbar, was man von Gott erkennen kann; Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird nämlich seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit.

Daher sind sie unentschuldbar.“ (Röm 1,19-20).

Das ist es, was wir von außen betrachtet erkennen können.

Aber das Innere ist nur dem Herrn bekannt, und nur er hat die Möglichkeit, unaufhörlich daran zu arbeiten, selbst im äußersten Augenblick des Lebens.

Ich versichere dir mein Gebet und segne dich.
Pater Angelo