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Frage

Lieber Pater Angelo, 

als erstes mӧchte ich Ihnen für Ihre barmherzige und aufschlussreiche Arbeit danken, die Sie uns durch diese Seite anbieten: in vielen Fällen haben sich Ihre Antworten an andere Besucher, für mich auf meinem spirituellen Weg als sehr wertvoll erwiesen und außerdem viele Zweifel zu theologischen und kirchlichen Themen ausgeräumt.

Ich schreibe Ihnen, weil mir gerade beim täglichen Lesen der E-mails, ein paar Zweifel aufgekommen sind: In einigen Ihrer Antworten zum Thema göttliche Vorsehung habe ich gelesen, dass Gott den Menschen die Freiheit lässt, sich für das Gute oder das Bӧse zu entscheiden (freier Wille), und sie deshalb die Macht haben, Seine Pläne zu durchkreuzen.  

Kӧnnen also nicht nur Verbrechen oder Sünden, sondern auch positive Taten wie Gebete, Fasten und Almosen, Gottes Pläne „ändern“?  Wenn zum Beispiel Gott Leid im Leben eines Menschen zulässt (offensichtlich um Gutes daraus zu schöpfen), kann Er dann seine Pläne neu “definieren”, wenn dieses Leid sich als unerträglich erweist, und wir Ihm viele Gebete um Linderung zukommen lassen? Natürlich handelt es sich hier um Gebete, die dem Willen Gottes widersprechen (persönlich versuche ich immer, Gott nicht zu bitten, mich vom Kreuz zu befreien), aber ich weiß, dass Dank dem beharrlichen Gebet, Opfer oder Almosen, eine Situation schwerer Krankheit oder Leiden, einen positiven Ausgang haben kann (man denke z.B. an das Wunder von Johannes Paul II. oder von Padre Pio, nur um ein paar, von der Kirche anerkannte, Fälle zu nennen). 

Wie also erklärt man sich das alles?  Hat der Herr in Seiner Barmherzigkeit diese Gebete erhӧrt oder war die Heilung dieser Menschen bereits in Gottes Plänen vorgesehen? 

An dieser Stelle stellt sich mir spontan noch eine andere Frage: wenn die Menschen Gottes Pläne negativ beeinflussen kӧnnen, könnten sie folglich auch seine Gnadenwirkung auf andere Menschen behindern?  Wenn Gott beispielsweise einem Menschen eine bestimmte Mission zugewiesen hat, dieser aber durch den Willen anderer stirbt, bevor er die Mission ausführen konnte, kümmert sich dann Gott darum oder macht sich derjenige, der den Tod dieser Person verursacht hat, für das ausgebliebene positive Wirken Gottes verantwortlich?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und entschuldigen Sie die vielen Fragen. 

Ich versichere Ihnen mein Gebet und bitte auch Sie, in dieser, für mich  schwierigen Zeit des geistlichen Kampfes, im Gebet meiner zu gedenken. 

Lorenzo


Antwort des Priesters

Lieber Lorenzo,

1. Gottes Pläne sind unveränderlich und unsere Gebet kӧnnen sie nicht ändern. 

Gott hat von Ewigkeit her schon alles vorhergesehen.

2. Er hat vorhergesehen, dass einige gegen Seinen Willen handeln und Seine guten Pläne nicht ausführen werden.  

Folgen wir in diesem Punkt dem Denken des Hl. Thomas von Aquin, der behauptet, dass man sich dem besonderen, von Gott angezeigten, Gut entziehen kann, nicht aber dem allgemeinen Gut.  

Der Herr weiß im Voraus, dass einige das konkrete Gut, das er ihnen anbietet, nicht annehmen werden. Aber das  größere und universellere Gut, das der Herr durch das Zulassen von Übel schöpft, können sie nicht verhindern. 

Aus diesem Grund ändert sich der Plan des Herrn, der eng mit Seiner ewigen Allwissenheit verbunden ist, nicht, weil Er alles vorausgesehen hat: das Übel  und das noch größere Gut, das Er selbst daraus ziehen wird.

3. Der Hl. Thomas schreibt: “Anders verhält es sich mit der allgemeinen Ursache und anders mit einer im Wirken beschränkten, besonderen Ursache. Dem Bereiche der Ordnung, welche die letztgenannte Gattung von Ursachen auflegt, kann etwas entzogen werden; nämlich dann, wenn die eine, beschränkte Ursächlichkeit durch eine andere beschränkte in ihrem Einwirken gehindert wird; wie z.B. die verursachende Kraft des Feuers im Holze, das Verbrennen, gehindert wird durch die verursachende Kraft des Wassers. Das kann aber nicht stattfinden bei der allgemeinen, in ihrem Wirken alles umfassende Ursache, von welcher die besonderen und beschränkten Ursachen es haben, dass sie irgend welche Kraft entwickeln.

Mit Rücksicht also auf die betreffende beschränkte Ursache kann etwas als Zufall bezeichnet werden; wie im obigen Beispiele das Löschen, welches vom Wasser ausgeht, zufällig ist für das Einwirken des Feuers. Mit Rücksicht aber auf die allumfassende Ursache ist nichts als Zufall zu bezeichnen. So wäre etwa das Zusammentreffen zweier Diener zufällig für diese selbst; für den Herrn aber, der sie beide mit Vorwissen an diesem Ort geschickt hat, ist es vorgesehen, dass der eine vom anderen nichts weiß; dass also für sie beide das Zusammentreffen zufällig ist” (Summe der Theologie, I, 22, 2, 1).

4. Um zu deinen Beispielen zu kommen („Kӧnnen also nicht nur Verbrechen oder Sünden, sondern auch positive Taten wie Gebete, Fasten und Almosen, Gottes Pläne „ändern?„), muss dazu einiges gesagt werden.

Zunächst, dass Gott das Böse nicht will (auch nicht das physische), es aber zulässt.

Und oft lässt Er es zu, damit sich die Menschen durch Gebet und Opfer noch mehr mit Jesus Christus vereinigen, sich heiligen und an der Erlösung der Welt mitwirken.

Zusammen mit diesen spirituellen Vorteilen, die zweifellos das Wichtigste sind, weil sie ewig dauern, sorgt Er auch für die Gesundheit des Kӧrpers, damit wir in der Lage sind, weiterhin Gutes zu tun und vielen Menschen zu helfen.   

Wie du siehst, wird auch in diesem Fall Gottes Plan nicht verändert, sondern voll und ganz verwirklicht im besonderen Gut (weil es dem Einzelnen nützt) und im universellen Gut (es nützt anderen): Krankheit, Gebete, Heilung, und die Wohltaten vieler bilden den unveränderlichen Plan Gottes.

5. Zur zweiten Frage: “wenn die Menschen Gottes Pläne negativ beeinflussen kӧnnen, könnten sie folglich auch seine Gnadenwirkung auf andere Menschen behindern?”

Ja, dieser besondere Akt (die Gnadenwirkung auf den Empfänger) kann verhindert werden. Und wer dies tut, macht sich vor Gott dafür verantwortlich.

Dieses Hindernis, das bereits von Gott vorhergesehen ist, ohne jedoch die Verantwortung derer, die das Böse getan haben, zu vermindern, ist aber dazu bestimmt, anderen Gütern zu dienen.

Worum es sich dabei handelt, ist uns, zumindest im Unmittelbaren und Heutigen, nicht zu wissen gegeben. Aber es ist so. 

6. Hör zu, was der Hl. Thomas des Weiteren lehrt: “ Anders ist zu beurteilen jener, dessen Fürsehen über das Ganze sich erstreckt; und anders jener, dessen Sorge nur ein Teil im besonderen anvertraut ist. Der letztere wird den ihm überlassenen Teil so gut wie möglich machen und jeglichen Mangel nach Kräften davon ausschließen. Der aber für das Ganze vorsorgt, der wird in den Teilen manche Beschränkungen und Mängel lassen, damit das Ganze um so schöner hervortrete.

Demnach muss von den Mängeln in den Dingen der Natur gesagt werden, dass sie gegen die einzelne besondere Natur sind. Sie sind jedoch beabsichtigt von der allumfassenden Ursache der Natur als eines Ganzen, insoweit der Mangel des einen dem Besten des anderen dient oder schließlich dem Besten des All. Denn das Verderben des einen ist die Erzeugung des anderen; und dadurch wird die Einheit der Gattung bewahrt.

Da nun also Gott für das Ganze der Kreaturen vorsorgt, so erstreckt sich darauf seine Vorsehung, dass einzelne Mängel in den besonderen beschränkten Dingen sind, damit das Beste des Universums nicht gehindert werde. Denn wenn alles Übel aus der Welt verschwände, so würde vieles Gute fehlen. Denn z.B. das Leben des Löwen würde nicht bestehen ohne die Tötung anderer Tiere; und die Geduld des Märtyrers würde nicht vorhanden sein, wenn die Tyrannen nicht verfolgten. Augustin sagt deshalb (Enchir. 11): “Der allmächtige Gott ist so gut, dass Er keine Übel in der Welt dulden würde, wenn Er nicht bis zu dem Grade gewaltig wäre, dass auch das Übel Ihm dient zu größerem Gute. (Summe der Theologie, I, 22, 2).

7. Damit bleiben der freie Wille des Menschen, die Unveränderlichkeit der Pläne Gottes und seine Allmacht bewahrt.

Im Katechismus der Katholischen Kirche lesen wir: “Wir glauben fest, daß Gott der Herr der Welt und der Geschichte ist. Die Wege seiner Vorsehung sind uns jedoch oft unbekannt. Erst am Schluß, wenn unsere Teilerkenntnis zu Ende ist und wir Gott ,,von Angesicht zu Angesicht“ schauen werden (1 Kor 13,12), werden wir voll und ganz die Wege erkennen, auf denen Gott sogar durch das Drama des Bösen und der Sünde hindurch seine Schöpfung zur endgültigen Sabbatruhe führt, auf die hin er Himmel und Erde erschaffen hat.” (KKK 314).

In diesem Sinne konnte der Hl. Thomas Morus, um seine Tochter zu trösten, kurz vor seinem Martyrium sagen : «Nichts passiert, was Gott nicht will, und ich bin sicher, dass,  was auch immer geschieht, wie schlimm es auch aussehen mag, es immer zum Besten sein wird.» ( Th. Moore, Brief an Alice Alington von Margaret Roper über das mit dem Vater im Knast gehaltene Gespräch, vgl.  Stundenliturgie, III, Stundenliturgie am 22. Juni). 

Ich danke dir für die Fragen und dein Gebet, das du mir versichert hast. 

Ich schließe dich gern in mein Gebet ein: auch der schwierige Moment, den du gerade durchmachst, entgeht sicherlich nicht der Vorsehung Gottes und ist zweifellos einem höheren Wohl geordnet, für das du ihm ewig danken wirst.

Möge der Herr dir an Weihnachten noch stärker sein Wohlwollen beweisen.

 Ich segne dich herzlich.

Pater Angelo